Leitsatz (amtlich)
Zur Strafbarkeit der Ausstellung eines falschen Gesundheitszeugnisses.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 5-5-6330 Js 240394/02 Ns) |
Gründe
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten wegen Ausstellens eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen in Höhe von 60,- Euro verurteilt.
Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten wurde mit Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.10.2004 verworfen.
Das Landgericht hat unter anderem folgendes festgestellt:
"Noch vor dem 17.04.2001 war ihr Visum abgelaufen, so dass A sich seitdem illegal in der Bundesrepublik aufhielt. Ihr Zuhälter war zu dieser Zeit der sog. "B". Dieser teilte A mit, dass er einen Weg wisse, ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik ausländerrechtlich scheinbar korrekt zu verlängern; ihr Vorteil sei dabei die Verdienstmöglichkeiten in dieser Verlängerungszeit. Der Weg bestehe darin, dass ein ihm bekannter Rechtsanwalt für A einen Verlängerungsantrag bei dem Ausländeramt mit unrichtigen Eintragungen etwa zum Vermögen und zum Grund des Aufenthalts stelle; außerdem würde das unrichtige Attest eines Arztes beigefügt, wonach A krank und nicht reisefähig sei.
A war mit diesem Vorgehen einverstanden. Sie machte sich diesen Weg zu ihrer Sache, sie informierte sich über die Symptome der nicht sofort durchschaubaren Krankheit eines LWS-Syndroms, deren Darstellung sie auch einübte.
Der "B" brachte sie daraufhin in die Praxis des Angeklagten. Da A nicht Deutsch spricht, führte der "B" das Gespräch sowohl mit der am Empfang sitzenden Sprechstundengehilfin C als auch mit dem Angeklagten. Der Angeklagte kannte weder A noch den "B".
A hatte weder eine private noch eine gesetzliche Krankenversicherung. Sie war am 17.04.2001 nicht krank. Ihr ging es bei dem Besuch darum, das Attest zu erhalten, um bei dem Ausländeramt ihre fehlende Reisefähigkeit zu belegen.
Der "B" erklärte - nach Absprache mit A - dem Angeklagten, dass bei A Schmerzen vorlägen, die auf ein LWS-Syndrom hinweisen. Der Angeklagte nahm keine körperlichen Untersuchungen bei A vor, so dass es Symptome nicht simulieren musste; er richtete auch keine ergänzenden Fragen - über den "B" - an sie. Er setzte nach einem kurzen Gespräch mit dem "B" ein Attest auf, druckte es aus, unterschrieb es und gab es dem "B" in die Hand.
Das Attest lautete unter dem Datum 17.04.2001:
"Ärztliches Attest zur Vorlage bei der Ausländerbehörde
O.g. Patientin ist seit Montag, den 09.04.01 in meiner schmerztherapeutischen Behandlung.
Diagnosen Akutes LWS-Syndrom ICD 10 M54.4, mit pseudoradikulärem Syndrom L5 und Wirbelblockaden ICD10 M99.0
Sie ist wegen o.g. Diagnosen und der laufenden Behandlung derzeit und für weitere 10 Tage nicht reisefähig."
Dieses Attest war, was der Angeklagte wusste, unrichtig. A war nicht seit 09.04.2001 in therapeutischer Behandlung bei dem Angeklagten. Sie war am 17.04.2001 das erste Mal in der Praxis. Die Diagnose des Angeklagten beruhte allein auf dem kurzen Gespräch mit dem "Bs". Dem Angeklagten war die Richtigkeit der Erklärung des "B" so gleichgültig, dass er auch mit deren Unrichtigkeit der Diagnose einverstanden war. Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, dass er auf die Richtigkeit der Erklärungen des "B" vertrauen könne, hielt er nicht für erforderlich. Er überprüfte nicht durch Nachfragen die Plausibilität der Erklärungen. Er unterrichtete sich nicht über eine Krankenvorgeschichte, die bisher erfolgten Diagnosen und Behandlungen."
Zur Einlassung des Angeklagten hat das Landgericht folgendes ausgeführt:
"Der Angeklagte hat angegeben, A, die er bei ihrer Vernehmung in der Berufungshauptverhandlung wiedererkannte habe, sei an den im Attest genannten Daten am 09. und am 17.04.2001 in Begleitung eines ihm unbekannten Herren in seiner Praxis gewesen. Auch A, die er als O1 erkannte habe, sei ihm vor den Praxisbesuchen unbekannt gewesen. Eine Krankenversicherung oder sonstige Zahlungszusage für die Behandlungskosten habe nicht bestanden. Er sei aber aus seinem berufsethischen Verständnis auch bereit, jedenfalls in einem Notfall - wie hier - einen Patienten ohne Geld zu behandeln. Bei dem ersten Gespräch habe der Begleiter von A erklärt, dass diese starke Schmerzen, so wie später attestiert, habe; mit A selber habe er nicht geredet, weil sie die deutsche und er die O1 Sprache nicht spräche. In Fällen wie den bei A gegebenen müsse er sich auf die Angaben der Patienten verlassen. Über den persönlichen und vermögensmäßigen Hintergrund von Frau A und ihres Begleiters, über die aktuelle Einnahme von Medikamenten sowie sonstige Krankheiten habe er sich nicht unterrichtet, er sehe dies im Rahmen der hier angezeigten Behandlung auch nicht als notwendig an. Da A in keiner Krankenkasse war, habe er auch keine Dokumentation über das Behandlungsgespräch gefertigt. Die Therapie habe zunächst in einem Zuwarten bestanden, wie die Schmerzen sich entwickeln. In Fällen wie dem vorliegenden komm...