Entscheidungsstichwort (Thema)

Deckungsschutz aus Rechtsschutzversicherung für Schadenersatzklage im Diesel-Skandal

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ausführungen des Generalanwalts im Vorabentscheidungsverfahren C-100/21 des EuGH vermögen nichts daran zu ändern, dass Schadensersatzansprüche wegen des Diesel-Skandals aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGH oder Art. 5 VO 715/2007/EG nicht hergleitet werden können, weil diese Normen keine Schutzgesetze im Sinne von § 823 ABs. 2 BGB sind.

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 21.03.2022; Aktenzeichen 2 O 397/21)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung des Klägers gegen das am 21.03.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Gießen wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Das angefochtene Urteil und der vorliegende Beschuss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis zu 6.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Deckungsschutz für eine beabsichtigte Klage auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal gegen die Herstellerin des Fahrzeugs geltend.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten einen Vertrag über eine Rechtsschutzversicherung unter Versicherungsscheinnummer ....

Er erwarb am 16.12.2018 bei der Firma B in Stadt1 ein Gebrauchtfahrzeug Volvo XC60 - Motorkennung T5 - mit einer Laufleistung von 15.482 km zu einem Kaufpreis von 29.000,00 EUR.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.07.2021 suchte der Kläger bei der Beklagten um Erteilung von Deckungsschutz für das außergerichtliche und gerichtliche Vorgehen gegen X nach und berief sich unter anderem auf eine unzulässige temperaturgesteuerte Abschalteinrichtung, weswegen dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich der Nutzungen aus § 826 BGB zustehe. Erhöhte Messwerte bei anderen Fahrzeugen, die auf das streitgegenständliche Fahrzeug übertragbar seien, seien nicht anders zu erklären als mit der Verwendung einer Abschalteinrichtung, die den NFEZ-Zyklus erkenne und die Abgasreinigung außerhalb dieses Zyklus abschalte.

Die Beklagte bat mit Schreiben vom 13.07.2021 um weitere Informationen, um eine Kostenübernahme prüfen zu können, und lehnte mit Schreiben vom 29.07.2021 die Erteilung einer Deckungszusage ab.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte sei zur Gewährung bedingungsgemäßer Leistungen und Kostenübernahme verpflichtet, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht dürften ebenso wie im Rahmen von § 114 ZPO nicht überspannt werden und seien nicht mit einem sicheren Obsiegen im Hauptsacheverfahren zu verwechseln.

Er habe einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Herstellerin des Fahrzeugs aus § 826 BGB hinreichend substantiiert dargetan. Das Fahrzeug verfüge über eine illegale Abschalteinrichtung in Gestalt eines Thermofensters. Überdies liege eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, die den Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand unerlaubt verringere und unter Realbedingungen erheblich erhöhe. In diesem Zusammenhang hat der Kläger zu verschiedenen Messungen bei anderen Fahrzeugen vorgetragen und behauptet, die erzielten Messwerte seien auf das streitgegenständliche Fahrzeug übertragbar. Die erhöhten Messwerte seien nicht anders erklärbar als mit der Verwendung einer Abschalteinrichtung, die den NEFZ erkenne, die Abgasreinigung dort optimiere und außerhalb dessen die Effizienz der Abgasreinigung reduzierte. Zum Beweis hierfür hat sich der Kläger auf Sachverständigengutachten bezogen. In der Hauptsache werde er noch weitere Abschalteinrichtungen darlegen und unter Beweis stellen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da der Kläger zu den tatsächlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht ausreichend vorgetragen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht Gießen hat die Klage mit Urteil vom 21.03.2022 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die vom Kläger beabsichtigte Klage habe keine Aussicht auf Erfolg, weil dem Kläger mit der beabsichtigten Klagebegründung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen die Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs ein Schadensersatzanspruch wegen Einsatzes eines sogenannten Thermofensters zustehe. Es könne dahinstehen, ob hinreichend dargetan sei, dass der streitgegenständliche Motor überhaupt von dem sogenannten Dieselskandal betroffen sei. Es fehle der Darstellung des Klägers jedenfalls an einer schlüssigen Darstellung der Kausalität zwischen Täuschungshandlung und Kauf-entschluss. Überdies liege in dem Einbau eines Dieselmotors mit einer Abgasreinigungsanlage, die...

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