Entscheidungsstichwort (Thema)

im Grundbuch eingetragenes Grundstück. Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die mündliche Errichtung eines Testaments vor einem Notar reichen bloße Zeichen oder Gebärden nicht aus.

 

Normenkette

BGB § 2232

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Beschluss vom 12.01.1990; Aktenzeichen 3 T 281/89)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß und der Teil der Verfügung der Grundbuchrechtspflegerin vom 13. Juni 1989, mit dem die Vorlage eines Erbscheins verlangt worden ist, werden aufgehoben.

Das Amtsgericht – Grundbuchamt – … wird angewiesen, die Erledigung des Berichtigungsantrages der Antragstellerin vom 7. September 1989 nicht von der Vorlage eines Erbscheins nach der am 30. September 1916 geborenen und am 13. Mai 1989 verstorbenen … abhängig zu machen.

Beschwerdewert: 6.000,– DM.

 

Gründe

… ist als Miteigentümerin zu 1/4 Idealanteil des eingangs näher bezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Sie ist am 13.5.1989 gestorben und auf Grund ihres am 17.2.1989 vor einem Notar errichteten Testaments von der Antragstellerin – ihrem Patenkind und ihrer Nichte – allein beerbt worden. Das zuständige Nachlaßgericht hat dem Grundbuchamt unter dem 30.5.1989 Mitteilung vom Tode der Erblasserin gemacht und eine beglaubigte Abschrift des von ihm am 30.5.1989 eröffneten notariellen Testaments übersandt. In dem Eingang des Testaments heißt es, vor dem beurkundenden Notar seien die Erblasserin, eine Schreibzeugin und eine weitere Zeugin erschienen. Vor dem Abschnitt I hat der Notar folgendes niedergeschrieben:

„Die Erschienene ist bettlägerig und leidet unter Folgen eines Schlaganfalls und ist daher gehindert zu schreiben, aber nach meiner, des Notars, getroffenen Feststellung und nach Rückfrage bei ihrem Hausarzt, Herrn Dr. med. Ott geschäfts- und testierfähig.

Die Erschienene zu 2) wurde daher als Schreibzeugin hinzugezogen. Die Erschienene zu 1) erklärte sodann ihren letzten Willen zu notariellem Protokoll wie folgt: …”.

Der Schluß der notariellen Niederschrift lautet wie folgt:

„Sodann wurde diese Niederschrift den Erschienenen in Gegenwart des Notars vorgelesen, ihnen zur Durchsicht vorgelegt, von der Erschienenen zu 1) durch Kopfnicken genehmigt und von der Schreibzeugin eigenhändig wie folgt unterschrieben:”.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat das Berichtigungszwangsverfahren nach § 82 GBO eingeleitet. Mit Verfügung vom 13.6.1989 hat sie die Antragstellerin aufgefordert, einen Berichtigungsantrag zu stellen und einen Erbschein nach ihrer verstorbenen Tante vorzulegen. Das Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins hat sie damit begründet, an der Formgültigkeit des notariellen Testaments vom 17.2.1989 bestünden deshalb Zweifel, weil die Erblasserin das Testament nur durch Kopfnicken und nicht durch mündliche Erklärung genehmigt habe.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 7.9.1989 den Antrag gestellt, sie als Eigentümerin des von ihrer Tante ererbten Miteigentumanteils an dem eingangs näher bezeichneten Grundstück einzutragen. Zugleich hat sie gegen die Verfügung vom 13.6.1989 insoweit Erinnerung eingelegt, als ihr die Vorlage eines Erbscheins aufgegeben worden ist, weil sich aus der notariellen Urkunde vom 17.2.1989 zweifelsfrei ergebe, daß die Erblasserin ihren letzten Willen mündlich erklärt habe.

Die Grundbuchrechtspflegerin und der Grundbuchrichter haben der Erinnerung nicht abgeholfen. Das Landgericht hat nach Vorlage der Sache die jetzt als Beschwerde geltende Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Es hat die Zweifel des Grundbuchamts an der Formwirksamkeit des öffentlichen Testaments geteilt und ergänzend ausgeführt, aus der in dem Testament enthaltenen Formulierung, wonach die Erblasserin ihren letzten Willen zu notariellem Protokoll erklärt habe, lasse sich nicht sicher der Schluß ziehen, daß die Erblasserin ihren in dem Testament festgehaltenen letzten Willen tatsächlich vor dem Notar mündlich erklärt habe, zumal es sich bei dieser Formulierung um eine Floskel handele, die in notariellen Urkunden häufig verwendet werde.

Gegen den landgerichtlichen Beschluß richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 2.2.1990 eingelegte weitere Beschwerde der Antragstellerin.

Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidungen beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 78 GBO, 550 ZPO), nämlich auf einer Verletzung der §§ 35 Abs. 1 S. 2 GBO, 2232 BGB, 9 Nr. 2, 13 Abs. 1 BeurkG, 415 Abs. 1 ZPO. Beide Vorinstanzen haben den Wortlaut des notariellen Testaments nicht genügend beachtet sowie die Tragweite der Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung notarieller Urkunden verkannt.

Nachdem die Antragstellerin ihrer sich aus § 82 GBO ergebenden Verpflichtung nachgekommen ist, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen, ist nur noch darüber zu befinden, ob das Verlangen des Grundbuchamts auf Vorlage eines Erbscheins gerechtfertigt ist, obwohl ihm das mit dem Eröffnungsvermerk des Nachlaßgerichts vom 30.5.1989 versehene öffentliche Testament der Erblasserin vom 17.2.1989...

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