Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung eines Schmerzensgeldes und einer -rente für Verkehrsunfallverletzungen (Verlust des Geruchs- und Geschmackssinnes sowie Blindheit).
Normenkette
BGB §§ 823, 843, 847; PflVG § 3
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 5 O 38/00) |
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche sowie Schmerzensgeldrentenansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.
Die zum Zeitpunkt des Unfalls 39-jährige Klägerin befuhr am 30.9.1997 im Beisein ihrer damals 8-jährigen Tochter die K. aus Richtung A. kommend in Richtung B. In Höhe des Kilometers 1,8 überholte der Beklagte zu 1), der mit seinem Pkw X, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2), entgegenkam, ein vor ihm fahrendes Fahrzeug, ohne die für ihn gut sichtbar entgegenkommende Klägerin wahrzunehmen, so dass es zu einer Frontalkollision beider Fahrzeuge kam.
Die Klägerin wurde aufgrund des Verkehrsunfalls schwer verletzt. Sie ist auf Dauer schwerbehindert (Pflegestufe II), zu 100 % arbeitsunfähig, des Geruchs- und Geschmackssinns verlustig sowie - bis auf die Unterscheidung hell-dunkel sowie der gelegentlichen schattenhaften Wahrnehmung größerer Gegenstände - blind.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Verletzungen der Klägerin, des Heilungsverlaufs, der verbliebenen Unfallfolgen und der heutigen Lebenssituation der Klägerin wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 1388-1398 d.A.) Bezug genommen sowie auf den Berichtigungsbeschluss des LG vom 4.7.2006 (Bl. 1609 ff. d.A.).
Durch Teilurteil und Teilanerkenntnisurteil des LG Wiesbaden vom 27.1.2006 sind die Beklagten verurteilt worden, als Gesamtschuldner an die Klägerin 613,20 EUR zu zahlen. Daneben sind die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden, an die Klägerin weitere 50.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.12.2000 als Schmerzensgeld zu zahlen. Einen darüber hinausgehenden Antrag auf Schmerzensgeldkapital und Schmerzensgeldrente hat das LG abgewiesen, ebenfalls einen Antrag auf monatliche Rente für eine Begleitperson.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass angesichts der schweren Verletzungen und Verletzungsfolgen ein über das bereits vorprozessual gezahlte Schmerzensgeld i.H.v. 400.000 DM hinausgehendes weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 50.000 EUR angemessen sei, dies jedoch unter Einbeziehung der von der Beklagten zu 2) bereits gezahlten monatlichen Schmerzensgeldrente von 153,38 EUR ausreichend sei. Hinsichtlich des zurückgewiesenen Begehrens auf Zahlung einer Geldrente für eine Begleitperson hat das LG zur Begründung vorgetragen, es fehle an einer konkreten Darlegung der verletzungsbedingten Mehraufwendungen im Vergleich zu einem gesunden Menschen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 1399-1406 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 10.3.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einer am 10.4.2006 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt, die mit einer am 8.5.2006 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet worden ist.
Die Beklagten ihrerseits haben gegen das ihnen am 6.3.2006 zugestellte Urteil mit einer am 6.4.2006 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt, die - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - mit einer am 6.6.2006 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet worden ist.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin eine Erhöhung des zugebilligten Schmerzensgeldanspruchs sowie die Zubilligung einer Schmerzensgeldrente und einer Rente für die Begleitperson. Die Beklagten begehren die Ermäßigung des zuerkannten Schmerzensgeldanspruchs.
Die Klägerin ist der Ansicht, angesichts der erheblichen Verletzungsfolgen, unter denen sie bis zu ihrem Lebensende leiden müsse, und angesichts des als rücksichtslos einzustufenden Fahrverhaltens des Beklagten zu 1) sei eine deutliche Anhebung des Schmerzensgeldanspruchs sowie die Zubilligung einer Schmerzensgeldrente gerechtfertigt. Da sie zeitlebens auf Begleitpersonen angewiesen sei, wenn sie das Haus verlassen wolle, sei auch die Zubilligung einer monatlichen Rente für eine Begleitperson angemessen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld zu zahlen, abzgl. des bereits außergerichtlich anerkannten und gezahlten Schmerzensgeldes i.H.v. 204.516,75 EUR und abzgl. des in dem angefochtenen Urteil weiter zugesprochenen Schmerzensgeldes i.H.v. 50.000 EUR nebst 4 % Zinsen seit 17.9.1999 bis 31.12.2001 sowie Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.1.2002;
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ab 1.11.2000 eine in das Ermessen des Gerichts gestellte lebenslängliche monatliche Schmerzensgeldrente zu zahlen, abzgl. der bereits anerkannten außergerichtlich bezahlten Schmerzensgeldrente i.H.v. monatlich 153,38 EU...