Leitsatz (amtlich)
›An den Entlastungsbeweis des Inhabers einer Kfz-Reparaturwerkstatt für einen bei ihm tätigen Mechaniker nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB sind hohe Anforderungen zu stellen.‹
1. An den Entlastungsbeweis des Inhabers einer Kfz-Reparaturwerkstatt für einen bei ihm tätigen Mechaniker nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB sind hohe Anforderungen zu stellen. Der Geschäftsherr muß den Nachweis fortdauernder planmäßiger, unauffälliger Überwachung mit unerwarteten Kontrollen führen. Es genügt nicht, wenn der Geschäftsherr vorträgt, der Mitarbeiter habe zwei Jahre als Geselle einwandfreie Arbeit geleistet und es hätten keine Anhaltspunkte vorgelegen, daß eine Überwachung etwa wegen vorangegangener nicht ordnungsgemäßer Reparaturen erforderlich gewesen sei. Gerade bei Kfz-Reparaturwerkstätten, die wegen der mit unsachgemäß durchgeführten Reparaturen verbundenen erheblichen Gefahrenquellen besonders sorgfältig arbeiten müssen, kommt der Pflicht zu allgemeiner und fortwährender Überwachung eine besondere Bedeutung zu.
2. Um den Entlastungsbeweis zu führen, muß der Geschäftsherr nach Zeit, Ort und Umständen spezifiziert darlegen, wie die Überwachung durchgeführt worden ist und auf welche Weise sich der Geschäftsherr in regelmäßigen Zeitabständen Kenntnis von der Arbeitsweise, der Sorgfalt und dem Verantwortungsbewußtsein des Mitarbeiters verschafft hat.
3. 500000 DM [250000 EUR] Schmerzensgeld sowie Feststellung des Ersatzes immateriellen Zukunftschadens (immaterieller Vorbehalt) für 21jährige Frau aus Verkehrsunfall (durch nicht richtig befestigtes Hinterrad) für Bruch des 3. und 4. Halswirbels mit außergewöhnlicher hoher Halsmarkschädigung und Querschnittslähmung. Zurückschieben der Kopfhaut. Volles Bewußtsein, in den ersten beiden Tagen nach Unfall jedoch wegen der sofort eintretenden Lähmung nicht fähig zu handeln oder zu sprechen bzw. sich verständlich zu machen. In den ersten 10 Wochen war selbständiges Atmen nicht möglich, deswegen auch keine Sprachfähigkeit stets volles Bewußtsein mit einer MdE von 100 % auf Dauer.
Motorisch und vegetativ komplette Halsmarklähmung unterhalb der Halswirbel C3/4; sensibel komplett unterhalb des Halswirbels C5 links und unterhalb des Halswirbels C4 rechts sowie eine komplette Blasen- und Mastdarmlähmung.
240 Tage stationäre Behandlung, nachfolgend weiterhin ambulante und therapeutische Behandlung.
Komplette Lähmung sämtlicher Extremitäten, verbunden mit einer völligen Unbeweglichkeit des Rumpfes und einer daraus resultierenden völligen Hilflosigkeit und Pflegebedürftigkeit auf Lebenszeit als Dauerschaden. Die Geschädigte kann zwischenzeitlich lediglich den Kopf drehen, die Schultern bewegen und den linken Arm leicht heben und zu sprechen. Der linken Arm kann gehoben werden, greifen oder gezielte Tätigkeiten verrichten ist nicht möglich. Jede alltäglich Handlung bedarf der Hilfe Dritter, u.a. für hygienische Pflege, Nahrungsaufnahme. Ständige Rufbereitschaft für unvorhergesehene Vorfälle ist nötig. Wegen Dekubitisgefahr Umlagerung Tag und Nacht durch Hilfspersonen.
Die Fortbewegung in einem elektrischen Rollstuhl ist nicht möglich, weil sie diesen aufgrund der hohen Lähmung nicht bedienen und steuern kann. Die Geschädigte hatte das Abitur hinter sich und stand unmittelbar vor dem Examen als Hotelfachfrau und sollte Restauration und Hotel von ihren Eltern übernehmen.
Verfahrensgang
LG Kassel (Entscheidung vom 07.05.1991; Aktenzeichen 9 O 3245/89) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Landgerichts Kassel vom 7. Mai 1991 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 500.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Dezember 1989 abzüglich am 20. August 1990 gezahlter 250.000 DM und am 26. Oktober 1990 gezahlter 151.250 DM zu zahlen.
Die Beklagten werden weiterhin als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 51.800 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Dezember 1989zu zahlen.
Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.783,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27. November 1990 zu zahlen.
Wegen des hinsichtlich der vorstehend erkannten Beträge weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin als Gesamtschuldner sämtliche materiellen Schäden, die ihr ab dem 1. Januar 1991 aus dem Verkehrsunfall vom 1986 auf der Bundesstraße xxx, Gemarkung xxx entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.
Die Berufungen der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszuges bleibt dem Landgericht vorbehalten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höh...