Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenersatz eines Fluggastes wegen allergischer Reaktion auf Ausdünstungen sog. "Saunatücher" während des Fluges
Normenkette
MontrealÜbk Art. 17 Abs. 1; BGB § 253
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.08.2013; Aktenzeichen 2-24 O 93/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.8.2013 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. - 2-24 O 93/12 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 1500,- EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 %; von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte 75 % und die Klägerin 25 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin verfolgt Schmerzensgeldansprüche wegen einer Gesundheitsbeeinträchtigung durch das Einatmen der Ausdünstungen von dampfenden Erfrischungstüchern, die auf dem Rückflug X ihres bei der Beklagten gebuchten Fluges von O1 nach O2 und zurück am ... Oktober 2010 verteilt wurden.
Hinsichtlich näherer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 257-259 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat der Schmerzensgeldklage, die auf ein angemessenes Schmerzensgeld gerichtet war, wobei 15.000,- EUR als angemessen erachtet worden sind, i.H.v. 2.000,- EUR entsprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der von der Klägerin erlittenen allergischen Reaktion um eine körperliche Verletzung handele, die durch eine typische, dem Luftverkehr eigentümliche Gefahr verursacht worden sei. Dafür hafte die Beklagte gem. Art. 17 Abs. 1 MÜ i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB, da nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmungen davon auszugehen sei, dass die für die Durchführung des Fluges verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten von der Allergie der Klägerin und der von ihr befürchteten allergischen Reaktion wussten.
Hinsichtlich näherer Einzelheiten der landgerichtliche Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 259-264 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 3.9.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einer am 20.9.2013 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt, die - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - mit einer am 3.12.2013 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet worden ist.
Die Beklagte rügt unzutreffende Tatsachenfeststellungen und Rechtsfehler.
Sie meint, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht der Beweis geführt, dass die Saunatücher ursächlich für die allergische Reaktion der Klägerin gewesen seien. Überdies hätte die Klägerin noch mit mehr Nachdruck auf die gesundheitlichen Gefahren hinweisen müssen, so dass ein erhebliches Mitverschulden zu berücksichtigen sei. Schließlich ist sie der Ansicht, dass das LG die körperlichen Beeinträchtigungen der Klägerin zu Unrecht nicht lediglich als eine dem Schmerzensgeld nicht zugängliche Bagatelle eingestuft habe, und rügt die Unausgewogenheit der Kostenentscheidung.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Beklagten hat zu einem geringen Teil auch in der Sache Erfolgt.
Zu Recht hat das LG der Klägerin einen Schmerzensgeldanspruch auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1 MÜ (Montrealer Übereinkommen) i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB zugebilligt, weil die allergische Reaktion der Klägerin durch eine typische, dem Luftverkehr eigentümliche Gefahr ausgelöst wurde.
Die Kausalität zwischen dem Verteilen der Erfrischungstücher und der allergischen Reaktion hat das LG nach Durchführung einer Beweisaufnahme bejaht. Der Senat ist an diese tatsächlichen Feststellungen gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, da keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen rechtfertigen.
So haben die Zeugen A, B und C übereinstimmend ausgesagt, dass die Beschwerden der Klägerin beim erstmaligen Austeilen der Tücher aufgetreten seien, so dass die Kausalität als nachgewiesen anzusehen ist. Dass ein von der Klägerin eingenommener Medikamentencocktail ursächlich für die Atemnot der Klägerin gewesen sein könnte oder sie gar eine Selbstinszenierung vorgenommen habe, ist eine ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung der Beklagten, für die es keine Anhaltspunkte gibt. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Ärztin, bei der ein vernünftiger Umgang mit ihren Medikamenten selbstverständlich sein dürfte. Sie machte überdies bei ihren Ausführungen vor der Einzelrichterin des Senats einen sehr besonnenen und keines...