Leitsatz (amtlich)

Zur Haftung des Notars bei der Verletzung von Treuhandanweisungen.

 

Normenkette

BNotO § 19

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-17 O 37/07)

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Verletzung notarieller Amtspflichten auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte beurkundete am 27.4.2001 zur Urkundenrolle Nr. ... 2001 einen Kaufvertrag zwischen einem Herrn C als Verkäufer und einer Firma A X mit Sitz in O1, vertreten durch ihren Alleingesellschafter B. Kaufgegenstand war ein Wohneigentum in O2. Mit Darlehensvertrag vom 30.4.2001 gewährte die Klägerin der A X ein Darlehen i.H.v. 1 Mill. FRF (dies entsprach etwa 152.000 EUR) zum Zwecke des Erwerbs dieser Immobilie. Auf der Grundlage einer Belastungsvollmacht des Verkäufers C bestellte die Käuferin zugunsten der Klägerin mit notarieller Urkunde des Beklagten vom 28.5.2001 (Urkundenrollen Nr. .../01) eine Briefgrundschuld.

Am 18.6.2001 wurde zugunsten der Käuferin eine Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Auf Weisung der Käuferin zahlte die Klägerin das Darlehen zweistufig aus; 61.355,03 EUR überwies sie zur Begleichung von Bauhandwerkerrechnungen und restliche 89.944,92 EUR am 9.7.2001 zur Abwicklung des Grundstücksgeschäft an den Beklagten. Mit Fax-Schreiben vom 5.7.2001 an den Beklagten kündigte die Klägerin zuvor an, sie werde ihm

"heute den Betrag von 590.000 FRF (= 89.944,92 EUR)... überweisen in Bezug auf den von uns restlichen gewährten Kredit an die A X für den Kauf von zwei Appartements in O2 ...

Diese Überweisung erfolgt unter Ihrer Verpflichtung gegen Aufhebung und Löschung der zur Zeit existierten Eintragungen im Hypothekenregister zugunsten der A-Sparkasse O3 für jeweils 18.500 DM und 51.600 DM.

Wir bitten Sie uns die Löschungen der Eintragungen im Hypothekenregister zu bestätigen sowie die Zahlung des Kaufpreises."

Mit ähnlich lautendem Fax-Schreiben vom gleichen Tage teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie werde einen weiteren Betrag von 300.000 EUR überweisen unter Bezug auf einen der A Y (einer anderen Gesellschaft des B) für den Kauf eines Gebäudes in O3 gewährten Kredits.

Zu diesem Zeitpunkt lagen dem Beklagten nach seiner (bestrittenen) Behauptung die Löschungsbewilligungen der A-Sparkasse O3 und der A-Sparkasse ... bereits vor.

Am 6.7.2001 erhielt der Beklagte nach seiner Behauptung ein Schreiben des B, in welchem dieser den Beklagten ohne konkreten Bezug auf einen der Kaufverträge allgemein anwies, "den gesamt Betrag ... auf die Banque ... zu überweisen".

Am 9.7.2001 gingen aufgrund von zwei unterschiedlichen Aufträgen der Klägerin die Beträge i.H.v. 89.944,92 EUR und 300.000 EUR auf einem allgemeinen Geschäftskonto des Beklagten bei der B-Bank ein. Mit Schreiben vom gleichen Tag veranlasste der Beklagte seine Bank, beide Geldbeträge vom Geschäftskonto auf sein Anderkonto umzubuchen und sodann den gesamten Betrag an die Banque ... zu überweisen (Bl. 106 GA).

Der Beklagte räumt ein, dabei übersehen zu haben, dass die Geldbeträge unterschiedliche Kauf- bzw. Darlehensverträge betrafen.

Ein Jahr nach Auszahlung der Darlehensvaluta wurde der von der A X in Anspruch genommene Kredit notleidend und von der Klägerin im November 2002 fällig gestellt. Der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin ist uneinbringlich. Im Jahr 2005 leitete die Klägerin das Zwangsversteigerungsverfahren aus der Briefgrundschuld ein. Dabei stellte sich heraus, dass die A X nicht Eigentümerin der Immobilie geworden war, da der Verkäufer C ggü. der Käuferin bereits am 31.7.2001 wegen Nichtzahlung des Kaufpreises vom Kaufvertrag zurückgetreten war. Dies war dem Beklagten auf Grund eines Schreibens des Verkäufers vom 2.8.2001 bekannt. Auf die mit Schreiben vom 28.9.2001 formulierte Bitte des Verkäufers um Bestätigung, dass die zugunsten der A X eingetragene Grundschuld und Eigentumsübertragungsvormerkung gelöscht seien und der Kaufvertrag "komplett rückgängig gemacht und aufgehoben" worden sei, antwortete der Beklagte unter dem 8.10.2001, er könne nun mitteilen, "dass die Käuferin den Kaufpreis gemäß der im Betreff genannten notariellen Urkunde in Französischen Franc dem Unterzeichner zur Verfügung gestellt hat. Nach Umrechnung des Betrages in Deutsche Mark wird der Vertrag dann ordnungsgemäß weiter abgewickelt werden können."

Die Klägerin, die zwischenzeitlich - jedenfalls nach einem dem Beklagten vorliegenden Schreiben vom 10.8.2002 (Bl. 37 GA), dessen Echtheit die Klägerin bestreitet - der Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschulden zugestimmt hatte, erfuhr erst durch die Zustellung der Vollstreckungsabwehrklage des Verkäufers vom 30.12.2005, mit welcher der Verkäufer die Unzulässigkeit der von der Klägerin eingeleiteten Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld und die Herausgabe des Grundschuldbriefs begehrte, dass die A X nicht Eigentümerin der Immobilie geworden war und die Einzelheiten des Rücktritts des Verkäufers.

Die Klägerin macht geltend, der Beklagte habe amtspflichtwidrig gehandelt, als er unter V...

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