Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.11.1995)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 24.11.1995 verkündete Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die Verfügungsbeklagte hatte von der Verfügungsklägerin mehrere Computerprogramme nebst Updates erworben. Nachdem es zu Streitigkeiten wegen behaupteter Softwaremängel gekommen war, kündigte die Verfügungsbeklagte an, sie werde die Programme weiterveräußern. Daraufhin erwirkte die Verfügungsklägerin beim Landgericht eine einstweilige Verfügung, durch die der Verfügungsbeklagten untersagt wurde, die – näher bezeichneten – Computerprogramme ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin „an Dritte zu übertragen.” Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten.

Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist zulässig und begründet.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts im angefochtenen Urteil fehlt es an einem Verfügungsanspruch, der durch die begehrte einstweilige Verfügung gesichert werden könnte (§ 935 ZPO). Die Verfügungsklägerin kann der Verfügungsbeklagten nämlich nicht untersagen, die streitgegenständliche Software Dritten zur Nutzung zu überlassen.

Ein Verfügungsanspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 34 UrhG; denn mit der Weiterveräußerung der Software überträgt die Verfügungsbeklagte keine Nutzungsrechte im Sinne dieser Bestimmung.

Nach § 15 UrhG hat der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk zu verwerten. Eine Übertragung dieser Verwertungsrechte auf Dritte schließt § 29 UrhG grundsätzlich aus, doch kann der Urheber anderen Personen das Recht zur Nutzung der ihm zugewiesenen Verwertungsrechte in verschiedenen Modifikationen nach den §§ 31 ff. UrhG überlassen. Die Übertragung solcher Nutzungsrechte regelt § 34 UrhG, nicht dagegen das – hier allein einschlägige – Recht zur Nutzung einzelner Vervielfältigungsstücke der Software (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl., § 9 Rn. S 143).

Auch aus dem von der Verfügungsklägerin vorgelegten „Software Lizenzvertrag” läßt sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht herleiten. Ungeachtet der Frage, ob dieses Klauselwerk überhaupt in die Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien einbezogen worden ist, scheitert die Wirksamkeit der Klauseln, nach denen die Weitergabe der Software an Dritte und deren Nutzung durch Dritte von der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Verfügungsklägerin abhängig sein soll, als unangemessene Benachteiligung der Verfügungsbeklagten an dem – auch zwischen Kaufleuten anwendbaren (§ 24 AGBG) – § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (vgl. Haberstumpf in Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, Rn. II 133).

Nach dem eigenen Vorbringen der Verfügungsklägerin ist zwischen den Parteien ein Kaufvertrag geschlossen worden; denn die Verfügungsbeklagte hat nach dem mit den „Software-Produktscheinen” angeblich in Bezug genommenen „Software Lizenzvertrag” und der dortigen Regelung zur Dauer des Vertrages die Programme nicht nur zur vorübergehenden, zeitlich beschränkten Nutzung überlassen erhalten, sondern vielmehr gegen einmaliges Entgelt auf Dauer erworben (vgl. BGHZ 102, 135, 140 ff.; NJW 1990, 3011, 3012). Da es sich bei den Programmen unstreitig um Standardsoftware handelt, die nicht individuell für die Verfügungsbeklagte erstellt wurde, liegt auch kein Werkvertrag vor.

Damit hat die Verfügungsklägerin als Rechtsinhaberin die der Verfügungsbeklagten übergebenen Vervielfältigungsstücke ihrer Computerprogramme durch Veräußerung auf dem Gebiet der Europäischen Gemeinschaften in den Verkehr gebracht, wodurch gemäß § 69c Nr. 3 S. 2 UrhG die Erschöpfung ihres Verbreitungsrechts (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 2 UrhG) eingetreten ist. Die betreffenden Vervielfältigungsstücke dürfen daher von der Verfügungsbeklagten, zwar nicht vervielfältigt, wohl aber ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin weiterveräußert werden (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, aaO.). Da die Nutzungsrechte an diesen Vervielfältigungsstücken akzessorisch zum Verbreitungsrecht sind (vgl. aaO.), können sie nicht etwa von der Verfügungsbeklagten zurückbehalten werden und bei ihr verbleiben (vgl. Lehmann NJW 1993, 1822, 1825). Zwar ist hiernach ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot, wie es ausweislich des „Software Lizenzvertrages” zwischen den Parteien vereinbart worden sein soll, nicht ausgeschlossen (§ 137 S. 2 BGB); ist es jedoch – wie hier – allenfalls in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten, so ist die betreffende Klausel nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG wegen Verstoßes gegen den wesentlichen Grundgedanken der §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 UrhG unwirksam (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O.; Lehmann a.a.O.).

Da die Verfügungsklägerin unterlegen ist, hat sie gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

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