Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß
Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 15.11.1988; Aktenzeichen 9 T 750/88) |
AG Dortmund (Beschluss vom 27.09.1988; Aktenzeichen 10 VI 604/87) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Amtsgerichts Dortmund vom 27. September 1988 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über eine etwaige Erstattung von im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten – an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Mit notariellem Testament vom … hat die Erblasserin den Beteiligten zu 2.) zu ihrem alleinigen Erben eingesetzt. Auf eine eventuelle spätere Änderung zu Ungunsten des Beteiligten zu 2.) geht die Erblasserin in diesem Testament ausdrücklich ein.
Mit eigenhändigem Testament vom 1. Juni 1987 hat die Erblasserin dann die Beteiligte zu 1.) zu ihrer alleinigen Erbin bestimmt. Gestützt auf dieses Testament hat die Beteiligte zu 1.) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweisen soll. Der Beteiligte zu 2.) hat dem widersprochen und vorgetragen:
Die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments vom 1. Juni 1987 nicht testierfähig gewesen. Infolge eines geistigen Abbaus, der ab Frühjahr 1987 eingesetzt habe, sei sie zeitlich und örtlich desorientiert gewesen, habe vertraute Personen nicht mehr erkannt, nicht mehr gewußt, daß in ihrem eigenen Haus eine Wohnung vermietet gewesen sei. Auch habe sie sich eingesperrt und bedroht gefühlt, nachts geschrieen und bei der Polizei angerufen. Für dieses Vorbringen hat er Zeugen, darunter einen Hausarzt der Erblasserin, benannt.
Das Amtsgericht hat ohne sonstige Ermittlungen das schriftliche Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie eingeholt, das zu dem Ergebnis gelangt, es gäbe keine überzeugenden Hinweise dafür, daß die Erblasserin bei Testamentserrichtung an einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, an einer Geistesschwäche oder Bewußtseinsstörung gelitten habe. Daraufhin hat das Amtsgericht die Erteilung des beantragten Erbscheins angekündigt. Mit der dagegen gerichteten ersten Beschwerde hat der Beteiligte zu 2.) sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und erweitert, weiteren Beweis angeboten und darüber hinaus die Anfechtung des Testaments vom 1. Juni 1987 wegen eines von ihm behaupteten Irrtums der Erblasserin über die Einstellung und das Verhalten beider Beteiligter ihr gegenüber erklärt.
Das Landgericht hat die Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluß zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, auch auf der Grundlage des tatsächlichen Vorbringens des Beteiligten zu 2.) könne der sichere Nachweis einer Testierunfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des Testaments vom 1. Juni 1987 nicht erbracht werden; dieses Vorbringen lasse allenfalls auf eine zeitweilige Verwirrung der Erblasserin schließen, während zahlreiche tatsächliche Umstände für ihre Testierfähigkeit bei Testamentserrichtung sprächen.
Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 2.) mit der weiteren Beschwerde, die er mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten beim Landgericht eingelegt hat. Er rügt eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts durch die Vorinstanzen und wiederholt und vertieft sein bisheriges tatsächliches Vorbringen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.) ist statthaft, formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig (§§ 27, 29, 20 FGG). Die Beschwerdebefugnis des Rechtsmittelführers ergibt sich bereits aus der Zurückweisung seiner ersten Beschwerde (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 12. Aufl., künftig: KKW, Rn. 10 zu § 27 FGG).
In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, der auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG). Auf die erste Beschwerde des Beteiligten zu 2.), die ebenfalls zulässig und begründet ist, war auch der amtsgerichtliche Beschluß aufzuheben. Die Sache war zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Beide Vorinstanzen sind ihrer Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nicht hinreichend gerecht geworden (§§ 2358 Abs. 1 BGB, 12 FGG).
Das Landgericht war mit einer zulässigen ersten Beschwerde des Beteiligten zu 2.) befaßt. Ist, wie hier, die Testierfähigkeit eines Erblassers und damit die Wirksamkeit einer von ihm getroffenen letztwilligen Verfügung zweifelhaft und die Sach- und Rechtslage nicht einfach zu beantworten, so darf das Nachlaßgericht zur Vermeidung der Rechtsscheinwirkung eines unrichtigen Erbscheins die Erteilung eines solchen Erbscheins im Wege des Vorbescheids zunächst ankündigen. Mit Rücksicht auf Sinn und Zweck dieses anerkannten Rechtsinstituts ist ein solcher Vorbescheid mit der ersten Beschwerde anfechtbar (BGHZ 20, 255 = NJW 1956, 987; ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschluß vom 16. Juli 1981 – 15 W 42/81 = Rpfl. 1981, 402). Der Beteiligte zu 2.) war auch befugt, die erste Beschwerde gegen diesen Vorbescheid einzul...