Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 4 O 88/08)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.12.2010; Aktenzeichen VI ZB 45/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 336,47 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Das Ausgangsverfahren, ein Arzthaftungsprozess, endete mit einem durch Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 06.01.2010 festgestellten Vergleich, der wie folgt lautete:

Der Beklagte zahlt an den Kläger einen Betrag in Höhe von 32.000,00 €.

Mit Zahlung dieses Betrages sind sämtliche Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus der ärztlichen Behandlung in der Zeit vom 21.11.2006 bis zum 29.01.2007 abgegolten und erledigt, seien sie bekannt oder nicht, von den Vorstellungen der Parteien erfasst oder nicht.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu ¾ und der Beklagte zu ¼. Die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Den Streitwert setzte das Landgericht in dem oben genannten Beschluss auf 128.885,59 € fest.

Der Kläger hatte mit seiner Klage als Nebenforderung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.971,74 € beansprucht. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus einer 2,2 Geschäftsgebühr aus dem vollen Streitwert, einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 20,- € und 19% USt.

Das Landgericht hatte den Parteien ursprünglich hinsichtlich Ziffer 1. des Vergleichs eine Regelung vorgeschlagen, wonach der Beklagte an den Kläger 30.000 € sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.999,20 € zahlen sollte. Die Parteien hatten jedoch abweichend von diesem gerichtlichen Vorschlag ausdrücklich die Titulierung eines (pauschalen) Vergleichsbetrags in Höhe von 32.000 € gewünscht.

Im Kostenfestsetzungsverfahren machte der Kläger u.a. eine ungekürzte 1,3 Verfahrensgebühr geltend. Diese hat die Rechtspflegerin des Landgerichts in dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.03.2010, der mit einem Erstattungsanspruch zugunsten des Beklagten in Höhe von 1.171,16 € nebst Zinsen endet, antragsgemäß berücksichtigt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12.04.2010 zugestellt worden. Mit Anwaltsschriftsatz vom 13.04.2010, der am 14.04.2010 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Beklagte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Beklagte meint, der Kläger müsse sich gemäß § 15 a Abs. 2 RVG eine 0,75 Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anrechnen lassen, da die von dem Kläger geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der Abgeltungsklausel in Ziffer 2. des Vergleichs umfasst und damit tituliert seien. Der Kläger ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die nach den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

Die im Ausgangsrechtsstreit auf der Klägerseite nach Nr. 3100 VV RVG angefallene 1,3 Verfahrensgebühr ist in voller Höhe in Ansatz zu bringen und nicht gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG durch eine teilweise Anrechnung der wegen desselben Gegenstands geltend gemachten Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu kürzen.

Unter welchen Voraussetzungen die Geschäftsgebühr teilweise auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist, regelt die Vorschrift des § 15 a RVG. Danach betrifft die Anrechnung das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandanten und wirkt sich grundsätzlich nicht im Verhältnis zu Dritten, insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, aus (BGH, Beschluss vom 2.September 2009, II ZB 35/07, NJW 2009, 3101, 3102; Beschluss vom 9. Dezember 2009, XII ZB 175/07, FamRZ 2010, 456, 457). Bei der Kostenerstattung ist die Anrechnung nur dahingehend zu berücksichtigen, dass der kostenpflichtige Gegner nicht mehr zu erstatten hat, als die obsiegende Partei ihrem Prozessbevollmächtigten aus dem Mandatsverhältnis schuldet (BGH, Beschluss vom 29. April 2010, V ZB 38/10 ). Eine Anrechnung findet daher im Kostenfestsetzungsverfahren nur in den in § 15 a Abs. 2 RVG gesetzlich geregelten Fällen statt.

Danach kann sich ein Dritter - hier der Beklagte - auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

Keiner dieser Anrechnungsfälle ist hier gegeben.

Weder hat der Beklagte die Geschäfts- oder Verfahrensgebühr bislang erstattet noch besteht gegen ihn hinsichtlich dieser Gebühren ein Vollstreckungstitel.

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte die Vergleichssumme bereits gezahlt hat. Denn dieser Zahlung kommt keine Erfüllungswirkung hinsichtlich der Geschäftsgebühr im Sinne des § 15 a Abs. 2, 1. Alt RVG zu. Die Abgeltungsklausel in dem Vergleich bedeutet vielmehr einen Verzicht des Klägers in Höhe der die Vergl...

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