Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Er hat den Beteiligten zu 2), 3) und 4) die diesen in der Beschwerdeinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 74.000,- EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Erblasser wurde am 00.00.1931 in U geboren und kam 1964 nach Deutschland. Er war unverheiratet und hatte keine Abkömmlinge. Nach einem Arbeitsunfall im Jahr 1976, bei dem er sich einen Trümmerbruch des linken Beines zugezogen hatte, wurde er 1977 vorzeitig berentet und bezog kurze Zeit später eine kleine Wohnung im Kellergeschoss im Hause seiner Schwester, C, in I. Die vier Jahre ältere und seit 1989 verwitwete Schwester kümmerte sich in der Folgezeit um den Erblasser und nahm -nachdem sich der Gesundheitszustand des Erblassers vor 2005 verschlechtert hatte - auch pflegerische Maßnahmen vor. Im Oktober 2006 bestellte das Amtsgericht Marl auf Anregung der behandelnden Ärztin in der Neurologischen Abteilung des G in E für den Erblasser zunächst einen vorläufigen Betreuer; nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen L vom Neurologischen-Psychotherapeutischen Zentrum X vom 15. November 2006 bestellte das Amtsgericht Marl sodann für die Dauer von sieben Jahren die Schwester zur Betreuerin des Erblassers. Die Schwester verstarb kinderlos am 00.00.2016.

Der Beteiligte zu 1) steht in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zum Erblasser, sondern unterhielt seit Mitte der neunziger Jahre zu beiden Geschwistern ein freundschaftliches Verhältnis. Im Rahmen des Betreuungsverfahrens übernahm er zeitweilig auch ersatzweise die Funktion eines Betreuers des Erblassers.

Bei den Beteiligten zu 2) bis 4) handelt es sich um die Großneffen des verstorbenen Ehemannes der Frau C, die diese in ihren letztwilligen Verfügungen zu ihren testamentarischen Erben bestellt hat.

Der Beteiligte zu 1) stützt seine Stellung als Alleinerbe des Erblassers auf eine handschriftlich verfasste letztwillige Verfügung, die mit dem Datum des 24. Oktober 2007 versehen und mit der Unterschrift des Erblassers unterzeichnet ist. Darin wird dem Beteiligten zu 1) u.a. die "Verfügungsmacht" über eine Sterbegeldversicherung und ein Sparbuch bei der Tbank I eingeräumt. Dieses Testament reichte der Beteiligte zu 1) über seinen Verfahrensbevollmächtigten am 18. Mai 2017 - fast acht Jahre nach dem Tod des Erblassers - zur Eröffnung beim Nachlassgericht ein.

Mit notariell beurkundeten Erbscheinsantrag vom 20. Juni 2017 (UR.-Nr. 001/2017 des Notars O) hat die Beteiligte zu 1) einen Erbschein beantragt, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweist. Er hat die Auffassung vertreten, der Erblasser habe ihn in dem Testament vom 24. Oktober 2007 zum "Begünstigten" und danach zum Alleinerben bestimmt; außer dem Sterbegeld der Q Versicherung und dem Guthaben auf dem Sparbuch der Schwester habe der Erblasser über kein nennenswertes Vermögen verfügt.

Die Beteiligten zu 2) bis 4), als Erbeserben, sind dem Erbscheinsantrag entgegen getreten. Sie haben insbesondere Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers geäußert.

Das Nachlassgericht hat nach Vernehmung der Zeuginnen H (Verfahrenspflegerin im Betreuungsverfahren des Erblassers) und F (zunächst zur Betreuerin bestellte Berufsbetreuerin) sowie Anhörung des Beteiligten zu 1) den Erbscheinantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Nachlassgericht ausgeführt, dass die Auslegung des Testamentes keine Erbenstellung des Beteiligten zu 1) ergebe. Unabhängig davon bestünden zudem erhebliche Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung sowie daran, dass - angesichts der Existenz einer wortgleichen elektronisch abgefassten letztwilligen Verfügung - der Erblasser zur Zeit der Errichtung der Verfügung unbeeinflusst gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 20. Dezember 2018.

Durch Beschluss vom 9. Januar 2019 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat hat ein nervenärztliches Gutachten des Sachverständigen R, Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Geriatrie, vom 3. April 2020 zur Frage der Testierfähigkeit des Erblassers eingeholt. Zudem hat er im Anhörungs- und Beweistermin am 8. Oktober 2020 die Zeugin N vernommen und den Sachverständigen R ergänzend angehört.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 58 ff. FamFG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) zu Recht zurückgewiesen. Die Erbfolge nach dem Erblasser folgt nicht aus dem Testament vom 24. Oktober 2007, da der Erblasser zur Überzeugung des Senats im Zeitpunkt der Testamentserrichtung wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit nicht in der Lage war, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nac...

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