Verfahrensgang
AG Recklinghausen (Aktenzeichen 9a VI 552/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten A. (= Beschwerdeführerin) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Recklinghausen vom 7. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf (...) EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Erteilung eines von der Antragstellerin beantragten Erbscheins nach dem am 00.00.2019 im Alter von N03 Jahren verstorbenen Erblasser L. (= Erblasser). Dieser hat zwei leibliche Töchter, die Antragstellerin
U. sowie die Beschwerdeführerin A.. Die Antragstellerin meint, der Erblasser sei im Hinblick auf eine Demenzerkrankung zu den vorliegend maßgeblichen Zeitpunkten jeweils nicht mehr in der Lage gewesen, wirksame testamentarische Verfügungen zu erlassen, sodass er nach gesetzlicher Erbfolge beerbt worden sei. Dem tritt die Beschwerdeführerin entgegen.
Der Erblasser hinterließ insgesamt vier testamentarische Verfügungen.
Am 00.00.1972 errichtete er mit seiner damaligen Ehefrau C., der Mutter der Antragstellerin, ein gemeinschaftliches Testament vor dem Notar O., UR-Nr. N01 in R.. Die damaligen Eheleute setzten sich in dem Testament gegenseitig zu Erben ein. Das Testament enthält keine Regelung über die Fortgeltung im Falle einer Ehescheidung. Die Ehe zwischen dem Erblasser und C. wurde durch das Amtsgericht - Familiengericht - N am 00.00.2007 rechtskräftig geschieden.
Am 00.00.2005 formulierte der Erblasser ein Testament zugunsten seiner damaligen Lebensgefährtin F.. Dieses Testament vernichtete der Erblasser Anfang des Jahres 2009, nachdem die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin zuvor beendet worden war.
In den Jahren 2006 und 2007 ließ sich der Erblasser ärztlich untersuchen, weil er befürchtete, ebenso wie seine Mutter und sein älterer Bruder an einer Alzheimer- Demenz erkranken zu können. Ab dem Jahr 2010 ließ er sich in der D. in W., u.a. durch die Zeugen M. und H., behandeln.
Am 00.00.2011 ließ der Erblasser ein notarielles Einzeltestament (UR-Nr. N02 des Notars S. in P.; Bl. 168-172 GA II) zugunsten seiner Ehefrau K., welche er kurz zuvor im 00.2011 geheiratet hatte, beurkunden. Bei dem Notartermin waren u.a. der behandelnde Arzt des Erblassers, der Zeuge M., und der behandelnde "(...)", der Zeuge H., zugegen. Dieses Testament, das dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Recklinghausen im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens noch nicht vorgelegen hatte und dessen exakter Inhalt auch nicht bekannt geworden war, hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Der Erschienene erscheint in Begleitung des ihn behandelnden Arztes, des Herrn M., geb. am 00.00.0000, G.-straße, W., der nicht Urkundsbeteiligter ist.
Der Erschienene erklärte, ein Testament zu notariellem Protokoll errichten zu wollen. Aufgrund der Sacherörterung ergab sich zur Überzeugung des beurkundenden Notars die volle Testierfähigkeit des Erschienenen. Herr Y. bestätigte den beurkundenden Notar in dieser Ansicht. Er erklärte, dass er den Erschienenen vor der Beurkundung eingehend untersucht und festgestellt hat, dass der Erschienene zu Zeit, Ort und Person in vollem Umfang orientiert ist, seinen Willen ohne fremde Beeinflussung frei zu bilden und gemäß dieser Einsicht zu handeln im Stande ist.
[...]
I.Vorbemerkung
[...]
II.Erbeinsetzung
Ich setze hiermit
1.) meine Ehefrau K. geb. E., geb. am 00.00.0000, z.Zt. wohnhaft
B.-straße N03 in P.
- zu 3/4 Anteil - und
2.) meine Tochter A., geb. am 00.00.0000, z.Zt. wohnhaft I.-straße in V.
- zu 1/4 Anteil - als Erben ein.
Sollte meine Ehefrau nicht zur Erbfolge gelangen, bestimme ich als Ersatzerbin meine Tochter A..
Sollte meine Tochter A. den Erbfall nicht erleben, bestimme ich als Ersatzerben meine Ehefrau K..
[...]
III.Vermächtnisse, Teilungsanordnung, Auflagen
[...]
IV.Sonstiges
Weitere Bestimmungen will ich heute nicht treffen.
Nach Hinweis auf das gesetzliche Pflichtteilsrecht erkläre ich, dass ich außer meiner
Ehefrau und meinen beiden Töchtern A und U keine weiteren pflichtteilsberechtigten Angehörigen habe.
Sollte meine Tochter U. bzw. einer ihrer Abkömmlinge den Pflichtteil geltend machen, ist die Pflichtteilslast im Verhältnis zwischen meinen Erben allein von meiner Ehefrau K. bzw. ihren Ersatzerben zu tragen.
Ich trage die Kosten dieser Urkunde und ihrer amtlichen Verwahrung.
Ich bitte um Erteilung einer beglaubigten Abschrift. Eine weitere Abschrift soll bei dem amtierenden Notar verbleiben. Sie kann offen aufbewahrt werden. Ich wünsche die Verwahrung des Testaments durch das Amtsgericht N.."
Dieses Testament gab der Urkundsnotar, der Zeuge S., sodann in die amtliche Verwahrung des zuständigen Nachlassgerichts. Von dort wurde es jedoch wenige Monate später, am 00.00.2011, durch den Erblasser wieder zurückgenommen und vernichtet.
Mittlerweile war die Ehe zwischen K. und dem Erblasser in eine Krise geraten. Mitte 00.2011 verließ der Erblasser das zuvor gemeinsam bewohnte ...