Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 17.12.2021; Aktenzeichen 1 O 290/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.12.2021 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag Nr. ... im Zusammenhang mit der Schadennummer ... verpflichtet ist, die Kosten für die außergerichtliche und erstinstanzliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Klägers gegen die P. AG als Fahrzeugherstellerin aufgrund des am 26.04.2014 erfolgten Kaufs des Pkw Porsche Cayenne (FIN ...) und der von dem Kläger behaupteten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs zu tragen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten des in Zusammenhang mit der Schadennummer ... als Stichentscheid bezeichneten Schreibens der K. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 31.10.2020 in Höhe von 1.054,10 EUR freizustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
1. Zutreffend ist das Landgericht von der Zulässigkeit der Klageanträge ausgegangen, insbesondere von deren ausreichender Bestimmtheit. Hiergegen erhebt die Berufung der Beklagten auch keine Einwendungen, so dass der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verweisen kann.
Unter Heranziehung der Angaben in der Klageschrift und deren Anlagen ist der Feststellungsantrag zu Ziff. 1 dahingehend zu verstehen, dass der Kläger (nachfolgend: Klagepartei) gegen die P. AG als Fahrzeugherstellerin Schadensersatzansprüche aufgrund des am 26.04.2014 erfolgten Kaufs des Pkw Porsche Cayenne (FIN ...) und der von der Klagepartei behaupteten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs geltend machen will. Dies war - ohne dass insoweit eine Teil-Klageabweisung vorliegt - klarstellend im Tenor aufzunehmen.
2. Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
2.1. Ebenfalls zutreffend ist das Landgericht von dem Vorliegen eines Rechtsschutzfalles ausgegangen.
2.1.1. Die Klagepartei ist jedenfalls als mitversicherte Person der Zahnarztpraxis Dr. med. dent. D. gemäß § 28 Abs. 2 ... ARB 2000/2009, Stand 01.01.2009 (im Folgenden: ARB 2000/2009), erfasst.
2.1.2. Es liegt hier jedenfalls ein Rechtsschutzfall im Sinne von § 4 Abs. 1 a) ARB 2000/2009 vor.
Dieser liegt im Erwerb des Fahrzeugs mit einer - behauptet - unzulässigen Abschaltvorrichtung.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Versicherungsnehmer nur solche Ursachen als für den Beginn des Versicherungsschutzes maßgebende Ereignisse verstehen, die der Schadensersatzpflichtige, gegen den er Ansprüche erhebt, zurechenbar gesetzt hat und die den Eintritt irgendeines Schadens, den er von diesem ersetzt bekommen will, nach der Lebenserfahrung hinreichend wahrscheinlich machen. Dies ist vorliegend der Erwerb des Fahrzeugs. Ab diesem Zeitpunkt kann es infolge der manipulierten Software zu einer Wertminderung desselben und einem Entzug von dessen Betriebserlaubnis, mithin zu einer nachteiligen Einwirkung auf die Vermögenslage der Klagepartei kommen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 02.02.2023 - 7 U 186/22, BeckRS 2023, 4316 Rn. 9; OLG Köln, Beschluss vom 30.03.2017 - 9 U 182/16 -, juris Rn. 5).
Ob der Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers für den gegenüber dem Hersteller geltend zu machenden Schadensersatzanspruch schlüssig und beweisbar ist, ist für den Eintritt des Versicherungsfalls unerheblich. Diese Frage ist nur für die Erfolgsaussicht von Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2003 - IV ZR 139/01 -, juris Rn. 9; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.01.2022 - 7 U 440/21, Bl. 64 ff. d.GA-II).
Da bereits ein Rechtsschutzfall i.S. von § 4 Abs. 1 a) ARB 2000/2009 zu bejahen ist, kommt es auf die vom Bundesgerichtshof zu dem Versicherungsfall in den übrigen Fällen i.S.d. § 4 Abs. 1 c) ARB 2000/2009 entwickelte Drei-Säulen-Theorie nicht an (vgl. Harbauer/Cornelius-Winkler, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 4 Rn. 23, 47-50; Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, 4. Aufl. 2020, § 23 Rechtsschutzversicherung Rn. 79).
2.1.3. Da der Rechtsschutzversicherungsvertrag seit dem Jahr 2002 unbeendet fortbesteht, fällt das Ereignis, das dem behaupteten Schadensersatzanspruch gegen die P. AG zugrunde liegt, in die versicherte Zeit. Die Klagepartei hat das Fahrzeug unstreitig am 26.04.2014 und damit während des bestehenden Versicherungsvertragsverhältnisses erworben.
2.2. Von dem Vorliegen hinreichender Erfolgsaussicht nach § 18 Abs. 1 ARB 2000/2009 ist allerdings nich...