Entscheidungsstichwort (Thema)
„Abschirmung” des Querverkehrs durch Fußgängerampel
Leitsatz (amtlich)
Haftungsquote von 2/3 zu 1/3 zu Lasten des Fahrers, der eine Fußgängerampel bei Rotlicht überquert und mit dem Querverkehr zusammenstößt (Bestätigung von OLG Hamm – 6. Zivilsenat – NZV 1998, 246 und OLG Hamm – 27. Zivilsenat – v. 20.3.1997 – 27 U 240/96, NZV 1997, 513).
Normenkette
StVO § 8
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 6 O 428/99) |
Tenor
Die Berufung der Beklagte gegen das am 13.12.1999 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung dieses Rechtsmittels i.Ü. – das genannte Urteil teilweise abgeändert.
Die Vollstreckungsbescheide des AG H. vom 8.1999 werden insoweit aufrechterhalten, als die Beklagten verurteilt worden sind, als Gesamtschuldner an die Klägerin 7.715,87 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.4.1999 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Vollstreckungsbescheide aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen die Beklagten 64 % und die Klägerin 36 %; mit Ausnahme der Kosten der Vollstreckungsbescheide, diese fallen den Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Beklagten i.H.v. 7.715,87 DM und die Klägerin um 4.257,69 DM.
Gründe
Die Klägerin macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich im Januar 1999 gegen 13.00 Uhr auf der Kreuzung H. Straße/J. in D. ereignet hat. Die Klägerin kam von der untergeordneten J. und wollte nach links in die H. Straße abbiegen. Der Beklagte zu 2) kam von der Klägerin gesehen von links und wollte geradeaus fahren. Auf der H. Straße steht kurz vor der Einmündung eine Ampelanlage, die allerdings nur für den Fußgängerüberweg gilt. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zu 2) die Ampelanlage bei Rotlicht überquert hat.
Das LG hat den Unfallhergang für unaufklärbar gehalten und der Klage zu 50 % stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die Berufung der Klägerin dagegen zum Teil begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten gem. §§ 7, 17, 18 StVG 2/3 ihres ersatzfähigen Schadens ersetzt erhalten, das sind 7.715,87 DM.
1. Der Beklagte zu 2) hat den Unfall schuldhaft verursacht, da er bei Rotlicht die Fußgängerampel passiert hat. Dies steht nach dem Ergebnis der in beiden Instanzen durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senates fest. Der Senat folgt der Aussage der beiden unbeteiligten Zeugen B. und S. Der Zeuge B. kam mit seinem Fahrzeug aus der Gegenrichtung des Beklagten zu 2). Er hat angegeben, etwa 40 m vor seiner Haltelinie und zwar i.H.d. Mahnmals sei die Ampel auf Gelb umgesprungen. Er habe dann sein Fahrzeug ausrollen lassen und habe bereits ca. eine Sekunde vor der roten Ampel gestanden, als es zur Kollision gekommen sei. Nach dieser Schilderung muss der Beklagte zu 2) zwingend bei Rotlicht die Ampel überquert haben. Wie der Sachverständige bestätigt hat, ist die Ampel in beiden Fahrtrichtungen gleich geschaltet, d.h. der Zeuge B. hat zum gleichen Zeitpunkt Rotlicht erhalten wie der Beklagte zu 2). Der Sachverständige hat auch die Entfernungsangaben des Zeugen bestätigt. Das Mahnmal befindet sich etwa 50 m vor der Haltelinie. Nach Analyse des Sachverständigen muss der Beklagte zu 2) dann etwa 2,7 Sekunden nach Beginn des Rotlichts über die Ampelanlage gefahren sein.
Die Aussage des Zeugen B. wird durch den Zeugen S. bestätigt. Dieser war als Fußgänger etwa 100 m von der Kreuzung entfernt und wurde durch Reifenquietschen auf das Unfallgeschehen aufmerksam. Er hat sich bei diesem Reifenquietschen umgedreht, die rote Ampel gesehen, dann kam der Aufprall.
Der Senat hat keine Zweifel, diesen beiden Zeugen und ihren Aussagen zu folgen. Den Aussagen der Beifahrerinnen des Beklagten zu 2), der Zeuginnen J., K. und Z., folgt der Senat dagegen nicht. Die Aussage der Zeugin Z. erweckt schon deshalb Zweifel, weil sie angegeben hat, die Fahrzeuge im Gegenverkehr seien ebenfalls gefahren. Dies ist mit der Aussage B. widerlegt. Darüber hinaus hat die Zeugin in erster Instanz auch angegeben, die Klägerin sei „rausgeschossen” gekommen. Davon kann keine Rede sein. Der Sachverständige hat die Fahrgeschwindigkeit der Klägerin mit 15 bis 20 km/h ermittelt. Sind die Angaben der Zeugin in diesen beiden Punkten unrichtig, dann überzeugt ihre Aussage insgesamt nicht mehr. Auch die beiden anderen Aussagen sind nicht geeignet, Zweifel an den neutralen Zeugen B. und S. aufkommen zu lassen. Der Senat hat keine Veranlassung, den Zeuginnen eine bewusste Falschaussage zu unterstellen. Möglicherweise haben sie das Geschehen nur unvollständig mitbekommen. Es kann sein, dass die Ampelanlage ein paar 100 Meter vorher für den Beklagten zu 2) Grün gezeigt hat, wie die Zeugin Z. angegeben hat. Für die Zeuginnen, die sich unterhalten haben, bestand keine Veranlassung, genau auf die Ampelanlage zu achten. Möglicherweise haben sie nur in einem frühen Zeitpunkt ...