Leitsatz (amtlich)

Bei der Vornamensgebung für ein Kind mit deutscher und amerikanischer Staatsangehörigkeit widerspricht es nicht dem Kindeswohl, dem Kind neben zwei eindeutig als Vornamen erkennbaren Namen den Nachnamen der Mutter als dritten Vornamen zu geben. Für die Individualisierung und Identitätsbildung ist keine phonetische Nähe zu einem gebräuchlichen Vornamen erforderlich, solange der Name nicht dazu geeignet ist, Beeinträchtigungen des Kindes wie Hänseleien oder Verächtlichmachung in besonderem Maße zu provozieren.

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Beschluss vom 07.11.2012; Aktenzeichen UR III 11/12)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 4 gegen den Beschluss des AG Baden-Baden vom 7.11.2012 - UR III 11/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte Ziff. 4 hat den Beteiligten Ziff. 1-3 ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte Ziff. 1 ist das Kind der nicht miteinander verheirateten Beteiligten Ziff. 2 und 3. Die Beteiligte Ziff. 2, deren Familiennamen "von P." ist, hat die deutsche Staatsangehörigkeit, der Beteiligte Ziff. 3, dessen Familienname "S." ist, hat die amerikanische Staatsangehörigkeit, die Betroffene hat die deutsche und die amerikanische Staatsangehörigkeit. Die Beteiligten Ziff. 2 und 3 haben gegenüber dem Stadtjugendamt B. am 23.7.2012 eine Sorgeerklärung abgegeben, unter dem 9.8.2012 haben sie gegenüber dem Standesamt B. zur nachträglichen Bestimmung des Familiennamens eines Kindes erklärt, dass sie für die Namensführung des Kindes amerikanisches Recht bestimmen.

Sie haben am 13.8.2012 gegenüber dem Standesamt erklärt, dass ihr Kind nach amerikanischem Recht die Vornamen "Grace Maria von P." und den Familiennamen des Vaters "S." erhalten solle. Nach amerikanischem Recht sei es möglich, dass das Kind als weiteren Vornamen den Familiennamen der Mutter erhalte.

Das Standesamt B. hat die Angelegenheit nach § 49 Abs. 2 PStG dem AG B. mit der Bitte vorgelegt zu entscheiden, ob der Familienname der Kindesmutter "von P." als dritter Vorname für das Kind "Grace Maria S." eingetragen werden könne. Für die Vornamenswahl komme deutsches Recht zur Anwendung, der Familienname "von P." mit dem Zusatz "von" sei ein eindeutiger Familienname und könne unter keinen Umständen auch als Vorname identifiziert werden.

Die Beteiligten Ziff. 2 und 3 haben eine Auskunft des Generalkonsulats der Vereinigten Staaten vom 3.6.2012 vorgelegt, wonach die Namensgebung in den Vereinigten Staaten keiner festen Bestimmung unterliege und deshalb alle Namen und alle Schreibweisen, die die Eltern wünschten, für die Geburtenregistrierung und für den U. S. Reisepass beim amerikanischen Generalkonsulat anerkannt würden. Nach amerikanischem Recht könne ein unehelich geborenes Kind auf schriftlichen Antrag der Eltern den Nachnamen des Vaters erhalten, die Namen der Eltern als Doppelnachnamen oder den Mädchennamen der Mutter führen.

Sie haben geltend gemacht, dass in der amerikanischen Familie des Vaters seit mehreren Jahrhunderten die Tradition bestehe, dass die Töchter den Familiennamen ihrer Mutter als Mittelnamen erhielten. Ihnen sei wichtig, für ihre Tochter die Verbundenheit mit der deutschen Familie ihrer Mutter zu stärken, der Name diene der Anerkennung und Ehrung der Familie der Mutter und gefährde weder das Wohl des Kindes noch verletze er Sitte und Ordnung.

Das AG B. hat mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss vom 7.11.2012 das Standesamt B. angewiesen, in dem Personenstandsregister für das am 27.7.2012 geborene Kind Grace Maria S. den 3. Vornamen "von P." einzutragen. Unter Orientierung an den vom BGH im Beschl. v. 30.4.2008 - XII ZB 5/08 -, NJW 2008, 2500 "Lütke") entwickelten Grundsätzen werde eine Gefährdung des Kindeswohles durch diese Namenswahl verneint.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 4. Der Familienname "von P." sei in keiner Weise geeignet, als Vorname erkannt zu werden oder in den Möglichkeitsbereich der Vornamen eingestuft zu werden. Deshalb seien hier die vom BGH entwickelten Kriterien nicht erfüllt.

Die Beteiligte Ziff. 5 hat sich der Begründung der Beteiligten Ziff. 4 angeschlossen.

Die Beteiligten Ziff. 2 und 3 sind der Beschwerde entgegen getreten und haben weiter darauf hingewiesen, dass der amerikanische Pass und die amerikanische "Consular Report of Birth Abroad" den vollen Namen der Tochter, nämlich "Grace Maria von P. S." beinhalte.

In der vorgelegten Kopie des Passes der Beteiligten Ziff. f31 ist unter "Surname" S. eingetragen, unter "Given Names" Grace Maria von P.. In dem "Consular Report of Birth Abroad" wird der gesamte Name "Grace Maria von P. S." ohne Unterscheidung zwischen Vor- und Nachnamen aufgeführt.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 49 Abs. 2, 51 Abs. 1 und 2, 53 PStG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, in der Sache hat sie jedoch ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge