Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit eines Rechtsmittels nach dessen Weiterleitung vom LG an das OLG

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird der Prozessbevollmächtigte einer Partei, die innerhalb der Berufungsfrist bei dem hierfür zuständigen Gericht Berufung eingelegt hat, von der dortigen Geschäftsstelle in Unkenntnis der tatsächlilchen Situation darauf hingewiesen, dass das Rechtsmittel an das OLG weitergeleitet werde, hiergegen nicht tätig und interveniert er nicht, gilt die ihm mitgeteilte Weiterleitung an das OLG als von ihm hingenommen mit der Maßgabe, dass er sie nicht nur nachträglich, sondern bereits im Zeitpunkt ihrer Vornahme gebilligt hat.

 

Normenkette

ZPO § 522 Abs. 1, § 519 Abs. 1, § 281; GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1b, § 23a Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Lörrach (Beschluss vom 22.06.2006; Aktenzeichen 2 C 1206/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Lörrach vom 22.6.2006 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 4.230 EUR.

Entscheidung vom BGH III ZB 76/07: Beschl. v. 28.2.2008 - Rechtsbeschwerde wurde aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten d. Rechtsbeschwerdeverfahrens an das OLG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Berufung war gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil eine Zuständigkeit des OLG als Berufungsgericht nicht gegeben ist.

1. Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG sind die OLG zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Berufung und Beschwerde gegen Entscheidungen der AG über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Person erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte.

Diese Voraussetzung liegt im hier zu entscheidenden Fall nicht vor, sodass es bei der Zuständigkeit der Zivilkammer beim LG als Berufungsgericht nach § 23a Nr. 2 GVG bleibt.

Es ist unstreitig, dass der Beklagte Ziff. 2 erst ab dem 1.6.2005 in Ba. seinen Wohnsitz hatte, ihm jedoch der Mahnbescheid am 21.5.2005 noch an seinen damaligen Wohnsitz in B. B. zugestellt wurde.

Die Rechtshängigkeit ist gem. § 696 Abs. 3 ZPO mit Zustellung des Mahnbescheids am 21.5.2005 eingetreten, denn die Voraussetzung seiner "alsbaldigen" Abgabe an das Streitgericht liegt hier vor. Hierfür reicht es nach der Entscheidung des BGH in BGHZ 150, 221 = NJW 2002, 2794 aus, wenn - abgesehen von Verzögerungen, die dem Zustellungsbetreiber nicht zuzurechnen sind - die Abgabe innerhalb der Frist von einem Monat nach der Mitteilung über den Widerspruch erfolgt. Diese Frist ist hier gewahrt, da die Nachricht über den Gesamtwiderspruch am 30.5.2005 an den Prozessbevollmächtigten des Zweitbeklagten abgesandt wurde und die Abgabe des Verfahrens an das AG Lörrach am 28.6.2005 erfolgte, nachdem die Nachricht über den Zahlungseingang der weiteren Kosten (Buchungsdatum: 24.6.2005) am selben Tag beim Mahngericht eingegangen war.

2. Damit war die beim OLG anhängig gewordene Berufung des Klägers zu verwerfen.

Entgegen dessen Ansicht kommt eine formlose "Rückgabe" an das LG nicht in Frage.

Zwar war die Berufungsschrift ursprünglich innerhalb der Berufungsfrist (Zustellung des Urteils an den Klägervertreter am 5.7.2006) am 3.8.2006 beim LG Freiburg eingereicht worden. Von dort war sie aber, ohne dass sie dort registriert worden war und ein Aktenzeichen erhalten hatte, noch am gleichen Tag an das OLG weitergeleitet worden. Dies geschah, nachdem eine Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des LG (Frau M..) in der Kanzlei der Klägervertreter angerufen und darauf hingewiesen hatte, dass die Berufung gem. § 119 GVG beim OLG hätte eingereicht werden müssen, da der Beklagte Ziff. 2 im Ausland lebe.

Sie erklärte der Mitarbeiterin der Klägervertreter, dass sie deshalb die Berufungsschrift an das OLG weiterreichen werde. Diesen Sachverhalt - inklusive des Hinweises auf 119 GVG - teilte die Mitarbeiterin dem Klägervertreter mittels interner E-Mail am selben Tag (3.8.2006) mit (II, 63a).

Das Verfahren wurde daraufhin beim OLG ohne Einwände des Klägervertreters weitergeführt, bis der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Ziff. 2 mit Schriftsatz vom 14.11.2006 auf die Umstände hinwies, die die Unzuständigkeit des OLG begründen.

Die Verfügung des Senats, mit der schließlich auf die Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit hingewiesen wurde, stammt nicht vom 13.11.2006, wie von Klägerseite angeführt, sondern vom 4.7.2007 (S. 67 der Berufungsakten).

Bei dieser Sachlage liegt keine Fallgestaltung vor, wie sie der Entscheidung des OLG Dresden vom 11.7.2007 - Aktenzeichen: 8 U 1000/07 - (zitiert nach Juris) zugrunde lag und bei der angenommen wurde, dass eine Sachbefassungs- und Entscheidungszuständigkeit des OLG nicht begründet wurde und die Sache deshalb an das LG zur weiteren Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückzugeben sei.

In dem dort zugrunde liegenden Fall hatte das LG ebenfalls unter ...

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