Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftswert eines die Entlassung eines Testamentsvollstreckers betreffenden Verfahrens richtet sich auch dann nach § 65 Absatz 1 GNotKG, wenn der Antrag von hierzu nicht Berechtigten gestellt worden ist.
Normenkette
GNotKG § 40 Abs. 2-3, § 65 Abs. 1; BGB § 2227
Verfahrensgang
Notariat Rastatt (Beschluss vom 15.09.2015; Aktenzeichen 1 NG 178/2014) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Geschäftswertbeschluss des Notariats 1 Rastatt - Nachlassgericht - vom 15.9.2015 - 1 NG 178/2014 - wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 wenden sich gegen die Geschäftswertfestsetzung in einem die Entlassung des Testamentsvollstreckers betreffenden Verfahren.
Der Beteiligte zu 3 ist ausweislich eines vom Nachlassgericht am 16.4.2014 erteilten Zeugnisses Testamentsvollstrecker für den Nachlass des Erblassers. Mit Schriftsatz vom 27.3.2015 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 seine Entlassung aus diesem Amt. Zur Begründung trugen sie vor, der Beteiligte zu 3 sei zugleich Vorstandsvorsitzender der als Erbin ausgewiesenen Stiftung. Die Beteiligten zu 1 und 2 sähen sich in erheblichem Umfang Forderungen der Stiftung ausgesetzt, ohne dass zuvor das Bestehen dieser Ansprüche vom Testamentsvollstrecker geprüft worden sei. Die im Raum stehenden Ansprüche könnten nur durch einen "unbefangenen neutralen Testamentsvollstrecker beurteilt und bearbeitet werden". Es bestehe zudem eine Interessenkollision zwischen den Aufgaben des Testamentsvollstreckers und des Stiftungsvorstands. Gegenstand der Forderungen der Stiftung sei die Rückzahlung eines Darlehens über 1,2 Mio. EUR.
Das Nachlassgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen, da es an der nach § 2227 BGB erforderlichen Antragsberechtigung fehle, und den Beteiligten zu 1 und 2 die Kosten des Verfahrens auferlegt. Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 3 hat das Nachlassgericht den Geschäftswert des Verfahrens auf EUR 628.739 festgesetzt; dabei hat es gemäß § 65 GNotKG ein Zehntel des im Antrag auf ein Testamentsvollstreckerzeugnis angegebenen Nachlasswerts angesetzt. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2. Sie sind der Auffassung, der gesamte Nachlasswert könne nur dann zum Ausgangspunkt der Berechnung genommen werden, wenn der Antrag von Miterben oder anderen Beteiligten im Sinne des § 2227 BGB gestellt werde.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen; der Testamentsvollstrecker ist ihr entgegengetreten.
II. Die nach § 83 Absatz 1 Satz 1 GNotKG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Nachlassgericht hat den Geschäftswert des Entlassungsverfahrens zutreffend gemäß § 65 GNotKG auf ein Zehntel des Nachlasswerts festgesetzt.
1. Soweit die Beteiligten zu 1 und 2 - insbesondere in ihrem Schriftsatz vom 3.1.2016 - Ausführungen zu der Frage machen, ob das Nachlassgericht ihren Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat, kommt es hierauf in dem vorliegenden - allein den Geschäftswert betreffenden - Verfahren nicht an.
2. Das Nachlassgericht hat die Vorschrift des § 65 GNotKG zu Recht für anwendbar gehalten.
a) Soweit die Beschwerdeführer sinngemäß die Auffassung vertreten, die Norm sei nur heranzuziehen, wenn ein Entlassungsverfahren von einem nach § 2227 BGB Antragsberechtigten betrieben werde, findet das weder im Wortlaut der Norm noch in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/11471, S. 174) eine Stütze. Auch der Zweck der Norm rechtfertigt eine solche Beschränkung ihres Anwendungsbereichs nicht. Das Gesetz sieht eine teilweise Entlassung des Testamentsvollstreckers in der Form des Ausschlusses von der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben nicht vor. Vor diesem Hintergrund erstreckt sich das auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers gerichtete Verfahren stets auf dessen gesamtes Amt und nicht (lediglich) auf die Erledigung einzelnen Aufgaben. Das Nachlassgericht kann deshalb bei seiner Entscheidung auch nicht nur eine einzelne Befugnis des Testamentsvollstreckers in den Blick nehmen, sondern muss die gebotene Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller ihm testamentarisch zugewiesenen Aufgaben treffen. Das muss auch in der Geschäftswertbemessung und der an sie anknüpfenden Gebührenhöhe zum Ausdruck kommen.
b) Mit ihrem Schriftsatz vom 3.1.2016 vertreten die Beschwerdeführer die Auffassung, dass ein Fall des § 2227 BGB - und damit auch des § 65 GNotKG - nicht vorliege, vielmehr die Entlassung des Testamentsvollstreckers "in Anwendung der §§ 242 BGB, 41 ff. ZPO in analoger Anwendung" vom Nachlassgericht zu prüfen gewesen wäre. Das steht bereits im Widerspruch zu ihrem eigenen Antragsvorbringen, in dem um Entlassung des Testamentsvollstreckers ausdrücklich "gem. § 2227 BGB" nachgesucht worden ist und Ausführungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm gemacht worden sind. Im Übrigen knüpft § 65 GNotKG nicht an § 2227 BGB an...