Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen C 2 O 118/16) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.03.2017, Az. C 2 O 118/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. 1. Mit dem angefochtenen Urteil, auf das hinsichtlich des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.530,94 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2015 zu bezahlen. Zudem hat es die Widerklage abgewiesen.
2. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger den Anspruch auf Leistungen aus der Altersvorsorgezusage verwirkt hat. Der Kläger habe nämlich nicht nur angekündigt, die Beklagte in ihrer Existenz zu vernichten, sondern er habe auch versucht, diese Drohungen wahr zu machen. So habe er unter anderem Strafanzeige gegen den jetzigen Geschäftsführer der Beklagten erstattet und in zahlreichen - teils streitigen - Fällen für Kunden massive Vorwürfe als (Vorstands-) Beschwerden an den Prinzipal der Beklagten, die A.L.V., verfasst, die geeignet seien, der Beklagten den Ausschließlichkeitsagenturvertag ordentlich oder nach Abmahnung sogar fristlos zu kündigen. Verwirkung ergebe sich nach Ansicht der Beklagten bereits aus Ziffer 7 der Versorgungsvereinbarung, wonach grobe Verstöße gegen Treu und Glauben bzw. einen Grund zur fristlosen Kündigung die Beklagte zur Kürzung oder Einstellung der Leistungen berechtige. Der Kläger habe zwar behauptet, die Klausel noch vor seinem Ausscheiden wirksam aufgehoben zu haben, bewiesen habe er diese von der Beklagten bestrittene Behauptung aber nicht.
Zu Unrecht habe sich das Landgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Verhalten des Klägers den Tatbestand nach Ziffer 7 der Versorgungszusage erfülle. Das Landgericht habe verkannt, dass die Anforderungen nach Ziffer 7 der Versorgungszusage bei weitem nicht so streng seien, wie die zur Treuwidrigkeit von der Rechtsprechung entwickelten, mit der Folge dass Ziffer 7 sehr wohl zur Unbegründetheit der Klage und Begründetheit der Widerklage führe, auch wenn die strengeren Voraussetzungen nach § 242 BGB nicht vorlägen. Da der Kläger die Versorgungszusage selbst verfasst habe und der Verwender von Vertragsbedingungen nicht vor dem von ihm selbst eingeführten Bestimmung geschützt werden solle, könne er sich auch nicht auf die Unwirksamkeit dieser Klausel berufen.
Bereits die unstreitigen, bzw. nachgewiesenen Vorfälle (z. B. Umbuchung von mehr als 40.000,00 EUR gemäß Anlage B 2; Erstattung einer Strafanzeige statt zivilrechtlicher Schritte, Abfassung der Kundenbeschwerden E. gemäß Anlage B 5 etc.) stellten grobe Verstöße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar und hätten die Beklagte während der Vertragszeit zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages berechtigt. Dies hätte mithin zur Folge, dass die Beklagte gemäß Ziffer 7 der Versorgungszusage zur Kürzung oder Einstellung der Zahlungen berechtigt sei. Entgegen den Ausführungen des Landgerichtes habe der Geschäftsführer der Beklagten seinerzeit auch keine Kenntnis von den Umbuchungen gehabt. Der jetzige Geschäftsführer der Beklagten sei damals zwar auch Geschäftsführer gewesen. In sein Ressort sei der Vertrieb gefallen, während allein der Kläger die Verwaltung und Buchhaltung geführt habe. Angesichts der Vielzahl der wichtigen Gründe sei nicht von einer Kürzung auszugehen, vielmehr sei die Beklagte berechtigt, die Zahlungen vollständig einzustellen.
Das Landgericht habe sich mit dem Vortrag der Beklagten nicht befasst, wonach den Kläger als Nebenpflicht aus den Vereinbarungen über die Übertragung der Beklagten auf ihren jetzigen Geschäftsführer einschließlich der Finanzierung der Versorgungszusage die Pflicht getroffen habe, alles zu unterlassen, was den Erfolg der Beklagten zu beeinträchtigen geeignet sei. Das Verhalten des Klägers hätte dessen vertragliche Nebenpflicht massiv verletzt. Diese Verletzungen stünden in unmittelbarem inneren Zusammenhang mit den seinerzeit getroffenen Abreden, den Absprachen über die Finanzierung der zugesagten Altersversorgung und der Fortführung des Unternehmens durch den jetzigen Geschäftsführer. Damit greife die BGH-Rechtsprechung vom 26.11.2004, wonach die Berufung auf den eigenen Anspruch in Konstellation nach § 242 BGB verwehrt sei, wenn der Anspruch auf einem erheblichen Verstoß des Gläubigers gegen Pflichten beruhe, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Anspruch stünden. Die Finanzierung wäre seinerzeit gar nicht möglich gewesen, wenn der jetzige Geschäftsführer der Beklagten die Beklagte und damit die Versorgungszusage nicht übernommen, sondern - was rückblickend erheblich besser gewesen wäre - den neuen Agenturvertrag mit der A. L. persönlich oder durch ...