Leitsatz (amtlich)
1. Zur Haftung des vermeintlichen Testamentsvollstreckers beim von Eigeninteresse getragenen Angriff auf den Bestand eines Testaments, mit dem seine vormalige Berufung zum Testamentsvollstrecker widerrufen worden war.
2. Der Testamentsvollstrecker ist im Grundsatz zur Prüfung der Rechtswirksamkeit der letztwilligen Verfügung und auch gegebenenfalls zu deren Auslegung in eigener Verantwortung befugt. Ihm ist aber eine authentische Interpretation des Erbanfalls und seiner eigenen Berufung ins Amt untersagt; er hat weder das Recht zur Anfechtung der Verfügung von Todes wegen noch darf er einen Angriff auf deren Bestand führen.
Normenkette
BGB §§ 2205, 2216, 2219 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 29.04.2013; Aktenzeichen 4 O 382/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Koblenz vom 29.4.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten bietet nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO).
Die Klägerin als (wahre) Erbin kann vom Beklagten persönlich als - vermeintlichem - Testamentsvollstrecker der am 21.5.2009 in Koblenz verstorbenen K. S. (Erblasserin) gem. § 2219 Abs. 1 BGB Schadensersatz i.H.v. 9.860,79 EUR verlangen.
1. Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass die Erblasserin mit handschriftlichem Testament vom 17.5.2009 (Anlage K 1) das notarielle Testament vom 8.12.2007 (Anlage K 3) nebst der beigefügten erbvertraglichen Verfügung (Grundstücksvermächtnis für die Klägerin) rechtswirksam zur Gänze aufgehoben hat (§ 2258 Abs. 1 BGB i.V.m. Rücktrittsvorbehalt nach Nr. 7 des notariellen Testaments vom 8.12.2007). Die Klägerin ist damit Alleinerbin geworden; zugleich war auch die im früheren Testament noch aufgenommene Berufung des Beklagten zum Miterben und - gemeinschaftlichen - Testamentsvollstrecker widerrufen worden. Die Annahmeerklärung des Beklagten wie auch das nachfolgend erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis (Anlage K 5) entbehrten damit von Anfang an des rechtlichen Grundes. Seine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers wie auch die Erteilung des Erbscheins zugunsten der Klägerin (Beschlüsse des AG Koblenz vom 4.5.2011 - 4a VI 340/09; 4a VI 554/09) hat der Beklagte im Nachlassverfahren hingenommen.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin vom Beklagten die Rückerstattung der von diesem im Zeitraum August bis Dezember 2009 aus dem Nachlass entnommenen Beträge i.H.v. insgesamt 9.860,79 EUR (Anlage K 12). Es steht mithin die Haftung des Beklagten aus seiner Tätigkeit als sog. vermeintlicher Testamentsvollstrecker in Rede; hierauf findet zum Schutz des (wahren) Erben vorrangig die Vorschrift des § 2219 BGB entsprechende Anwendung (vgl. J. Mayer in Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl. 2012, § 2197 Rz. 39; Reimann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 2197 Rz. 73; Palandt/Weidlich, BGB, 72. Aufl. 2013, § 2197 Rz. 4).
2. Der Beklagte hat auf der Grundlage des - unstreitigen - Sachverhalts die ihm (auch) als - vermeintlichem - Testamentsvollstrecker gegenüber der Klägerin als (wahrer) Erbin obliegende Generalpflicht der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (§§ 2205, 2216 BGB) schuldhaft verletzt.
a) Der Beklagte hat unmittelbar nach der Aufnahme der Tätigkeit als alleiniger Testamentsvollstrecker die Rechtsbeständigkeit des handschriftlichen Testaments der Erblasserin vom 17.5.2009 angezweifelt (Schreiben an die Klägerin vom 9.10.2010; Anlage zum Schriftsatz vom 27.2.2013 [Bl. 31 ff. GA]); er hat beim Grundbuchamt die Eintragung der nach dem notariellen Testament vom 8.12.2007 berufenen Erben als Eigentümer des nachgelassenen Hausgrundstücks beantragt (Anlagen K 9 und K 10). Zur "Durchführung der Testamentsvollstreckung und zur Beurteilung der rechtlichen Situation im Besonderen" (Schreiben an die - vermeintliche - Erbengemeinschaft vom 9.10.2010; Anlage zum Schriftsatz vom 27.2.2013 [Bl. 31 ff. GA]) hat der Beklagte in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker einen Rechtsanwalt, seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten, mandatiert; dieser hat beim Notar und beim Hausarzt der Erblasserin Erkundigungen eingezogen (Anlagen K 22, K 23, K 25 bis K 27). Im Erbscheinverfahren hat sich der Beklagte als Testamentsvollstrecker beteiligt; er hat dort - wie auch im Entlassungsverfahren (Schriftsatz vom 12.2.2010; Bl. 36 ff. der Beiakte AG Koblenz - 4a VI 340/09) - die Testierunfähigkeit und eine "Druck- und Abhängigkeitssituation" der Erblasserin bei der Niederlegung des handschriftlichen Testaments vom 17.5.2009 eingewendet und auf Versagung des Antrags der Klägerin auf Erbscheinerteilung angetragen (Schriftsatz vom 21.12.2009; Anlage K 30). Die Mitglieder der nach dem notariellen Testament vom 8.1...