Leitsatz (amtlich)
1. Zur Geschäfts- und Testierfähigkeit des Erblassers, der zwei Tage vor seinem Tode vor einem Notar am Krankenbett einen Erbvertrag schließt und unter Medikamenteneinfluss steht.
2. Zur Frage, ob der Testierende seine Willenserklärung mündlich abgeben muss oder ob es hierfür eine Erklärung durch Gebärden bzw. Kopfnicken genügt.
Normenkette
BeurkG § 13 Abs. 1 S. 1; BGB § 104 Nr. 2, §§ 437, 2229 Abs. 4, § 2342
Verfahrensgang
Tenor
1. Das am 26.04.2018 verkündete Versäumnisurteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz bleibt aufrechterhalten.
2. Der Kläger hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Erbvertrages.
Der Kläger ist das einzige gemeinsame Kind der Beklagten und des am 18.05.2014 verstorbenen Erblassers ...[A]. Er begehrt die Feststellung, dass er Alleinerbe des Erblassers geworden ist.
Am 16.05.2014, zwei Tage vor dem Tod des Erblassers, haben sich die Beklagte und der Erblasser durch Erbvertrag gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Dieser Erbvertrag wurde von dem Notar ...[B] im Krankenhaus am Krankenbett des Erblassers beurkundet.
Der Kläger hält diesen Erbvertrag für unwirksam und ist der Ansicht, dass ein früherer Erbvertrag vom 14.08.1969 Gültigkeit habe, nach dem der Kläger als Alleinerbe seines Vaters eingesetzt ist.
Er hat vorgetragen, dass der Erblasser die beurkundete Erklärung so abgegeben habe, dass er auf die dreimalige Nachfrage des Notars, ob er das Vorgelesene verstanden habe, genickt habe. Dies sei jedoch für die wirksame Errichtung eines Erbvertrages nicht ausreichend. Der Erblasser sei außerdem gar nicht testierfähig gewesen. Am Vortag sei der Erblasser zeitlich und örtlich nicht orientiert und infolge der Gabe eines Fentanyl-Pflasters nur schwer erweckbar gewesen. Auch am 16.05.2014 habe der Erblasser aber um 10:00 Uhr und um 14:00 Uhr wieder ein Fentanyl-Pflaster erhalten, außerdem um 15:00 Uhr noch 5 mg Morphin als Schmerzmittel. Der Notar sei über die Gabe dieser Schmerzmittel nicht informiert gewesen und zudem durch Druckausübung seitens der Beklagten zu einer unrichtigen Auffassung hinsichtlich der Testierfähigkeit des Erblassers gelangt. Der Erblasser habe den Erbvertrag zudem nicht eigenhändig unterschrieben, dazu sei er gar nicht mehr in der Lage gewesen. Auch habe der Erblasser zuvor immer wieder erklärt, dass er zu seinem Sohn stehe, es könne daher nicht sein Wille gewesen sein, den Kläger zu enterben. Die Beklagte habe eine Vorsorgevoll-macht verwendet, die gefälscht gewesen sei. Sie habe diese Fälschung dazu benutzt, den Erblasser in einem Hospiz unterzubringen, wodurch dessen Leben verkürzt worden sei. Die Beklagte sei deshalb erbunwürdig.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt
festzustellen, dass er Alleinerbe des am 18.05.2014 in ... verstorbenen ...[A] ist.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass der Erblasser testierfähig gewesen sei und dies von dem beurkundenden Notar auch zutreffend so festgestellt worden sei. Es habe dem erklärten Willen des Erblassers entsprochen, dass der Kläger enterbt werde.
Das Landgericht hat über den Zustand des Erblassers vor der Errichtung des Erbvertrages Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ...[B] sowie durch Vernehmung der Zeugen ...[C], ...[D], ...[E], ...[F], ...[G] und ...[H]. Außerdem hat das Landgericht zur Frage der Testierfähigkeit des Erblassers Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. med. ...[J] in der "Anlagenmappe Gutachten" und sein in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2017 mündlich erstattetes Gutachten (Bl. 275 d.A.) Bezug genommen, außerdem auf die Sitzungsprotokolle vom 29.11.2016 (Bl. 83 ff. d.A.) und vom 29.08.2017 (Bl. 270 ff. d.A.).
Durch Urteil vom 26.10.2017 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass es nach der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen habe, dass der Erblasser bei Errichtung des Erbvertrages testierfähig gewesen und der Erbvertrag auch nicht aus anderen Gründen unwirksam sei. Der Sachverständige Dr. ...[J], der sein Gutachten auf die vorliegenden ärztlichen Berichte und die Angaben der zu dem Gesundheitszustand des Erblassers gehörten Zeugen gestützt habe, habe ausgeführt, dass der Erblasser am 16.05.2018 zwar sterbenskrank gewesen sei und unter starken Schmerzen gelitten habe; sich dies aber nicht auf seine Testierfähigkeit ausgewirkt habe. Die Schmerzmittel Fentanyl und Morphiu...