Verfahrensgang
LG Trier (Entscheidung vom 02.12.1998; Aktenzeichen 4 O 10/96) |
Tenor
I.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 2. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch unbefristete, selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Steuerbevollmächtigte, der Beklagte Steuerberater. Mit Praxisübernahmevertrag vom 6. Juli 1994 vereinbarten die Parteien den Verkauf der von dem Beklagten bis dahin geführten Steuerberatungspraxis an die Klägerin zu einem Preis von 343.400 DM zuzüglich Mehrwertsteuer nach dem damals geltenden Satz von 15 %. Davon entfielen 338.400 DM auf den immateriellen Wert und 5.000 DM auf Einrichtungsgegenstände nach einer gesonderten Aufstellung. Der immaterielle Wert wurde nach einer in § 10 Abs. 1 des Vertrages wiedergegebenen Berechnung aufgrund der Erlöse gemäß Einnahme-Überschussrechnungen der Jahre 1991 bis 1993 ermittelt.
Die Übergabe der Praxis erfolgte am 1. September 1994. Die Parteien hatten eine Zahlung in mehreren Teilbeträgen vereinbart, wobei die Klägerin für den restlichen Kaufpreis eine Bankbürgschaft zu stellen hatte. Nachdem die Parteien in Streit geraten waren und die Klägerin die weitere Zahlung verweigerte, nahm der Beklagte die Bürgschaft über 100.000 DM in Anspruch. Die Bank belastete die Klägerin mit der Bürgschaftssumme.
Die Parteien streiten darüber, ob der Übergabevertrag nichtig ist und ob die Bestimmung über die Übergabe der Mandantenakten gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB verstieße. Darüber hinaus sind die Parteien unterschiedlicher Auffassung darüber, ob dieser Verstoß zu einer Nichtigkeit des gesamten Vertrages führe.
Ursprünglich hatte die Klägerin die Klage auf eine andere rechtliche Grundlage gestellt und Schadensersatz bzw. Minderung des Kaufpreises in Höhe von 92.737 DM sowie die Herausgabe der Mandantenliste für 1993 begehrt.
Das Landgericht hat die Herausgabeklage abgewiesen und die weitere Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.
Beide Parteien wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und ergänzen ihn.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagen dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, denen der Senat folgt (§ 543 Abs. 1 ZPO).
2.
Der Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 ZPO ist zulässig. Der Anspruch der Klägerin ist auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet. Zwischen den Parteien besteht Streit sowohl über den Grund des Anspruchs als auch über seine Höhe. Der Streit zwischen den Parteien über den Grund des Anspruchs ist entscheidungsreif, da insoweit die Rechtsfrage zu beantworten ist, ob der Übernahmevertrag wirksam ist oder nicht. Der Anspruch der Klägerin besteht auch in irgendeiner Höhe. Sie hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 394.910 DM abzüglich der von ihr gezogenen Nutzungen. Da dabei die Bestimmung des objektiven Werts der Nutzung in der Weise zu erfolgen hat, dass die Klägerin sich lediglich die Vorteile anrechnen lassen muss, die sie durch die Leistung des Beklagten erlangt hat, nicht jedoch den Wert ihrer persönlichen Leistung als Steuerbevollmächtigte, wobei der auf der persönlichen Leistung beruhende Gewinn nicht herauszugeben ist, ist davon auszugehen, dass ein Saldo zugunsten der Klägerin verbleibt.
3.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, dessen Umfang sich nach § 818 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BGB richtet.
Die Klägerin hat die ihr von dem Beklagten zum 1.9.1994 übergebene Steuerberaterpraxis durch Leistungen des Beklagten ohne rechtlichen Grund erlangt, denn der Praxisübernahmevertrag der Parteien vom 6. Juli 1994 ist nach § 134 BGB in Verbindung mit §§ 203 Abs. 1 Satz 1 StGB, 139 BGB insgesamt nichtig.
Die Weitergabe der Mandantendaten ohne ausdrückliche Zustimmung ist ein unbefugtes Offenbaren von Geheimnissen im Sinne des § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der Verstoß hat zivilrechtlich nach § 134 BGB die Sanktion der Nichtigkeit sowohl des Erfüllungsgeschäftes (Übergabe der Handakten) als auch des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäftes (Praxisübernahmevertrag) zur Folge. Eine wirksame Vereinbarung betreffend die Übergabe der Mandantenakten würde voraussetzen, dass die Verpflichtung zur Überg...