Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einigungsgebühr bei übereinstimmender Hauptsacheerledigung

 

Leitsatz (amtlich)

In der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien nach § 91a ZPO ist keine vertragliche Regelung der Parteien zu sehen, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt worden ist, auch wenn keine Kostenanträge gestellt werden. Übereinstimmende wirksame Erledigungserklärungen als solche sind bloße Prozesshandlungen und beenden lediglich unmittelbar die Rechtshängigkeit der bisher streitigen Ansprüche. Sie besagen nur, dass die Parteien an einer Sachentscheidung durch das Gericht kein Interesse mehr haben. Sofern die Parteien also nicht gleichzeitig in einem sachlich-rechtlichen Streitpunkt eine Einigung erzielen, liegt nach unstreitiger Erledigung in den bloßen übereinstimmenden Erledigungserklärungen kein Vertrag i.S.v. Nr. 1.000 RVG-VV (Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl. 2004, RVG-VV 1000 Rz. 27).

Auch wenn die Parteien damit einverstanden waren, dass die durch das Gericht nach § 91a ZPO von Amts wegen vorzunehmende Kostenentscheidung dahin getroffen werden sollte, dass die Kosten gegeneinander aufzuheben waren, stellt dies keine die Einigungsgebühr auslösende vertragliche Einigung dar. Die Parteien haben dann nämlich gerade keinen Kostenvergleich geschlossen, sondern die Frage der Kostenverteilung in das Ermessen des Gerichts gestellt (§ 91a ZPO).

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1.000 als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2; ZPO § 91a

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 03.05.2005; Aktenzeichen 44 F 259/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 13.6.2005 wird der Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 3.5.2005 - 44 F 259/04 - abgeändert.

Die dem beigeordneten Rechtsanwalt B aus der Landeskasse zu ersetzende Gebühr wird auf 725 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässige - insb. frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des Bezirksrevisors hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Recht rügt der Bezirksrevisor, dass mit dem angefochtenen Beschluss auch eine Einigungsgebühr festgesetzt worden ist. Gemäß Nr. 1.000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.

Ein solcher Vertrag ist zwischen den Parteien nicht abgeschlossen worden. Die Parteien haben lediglich nach ausgiebiger Erörterung des Sach- und Streitstandes im Termin am 21.12.2004 (Bl. 35, 35 R GA) den Rechtsstreit in der Hauptsache gem. § 91a ZPO übereinstimmend für erledigt erklärt. Darin ist jedoch keine vertragliche Regelung der Parteien zu sehen, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt worden ist.

Zutreffend weist der Bezirksrevisor darauf hin, dass übereinstimmende wirksame Erledigungserklärungen beider Parteien als solche bloße Prozesshandlungen sind und lediglich die Rechtshängigkeit der bisher streitigen Ansprüche unmittelbar beendet. Sie besagen nur, dass die Parteien an einer Sachentscheidung durch das Gericht kein Interesse mehr haben. Sofern die Parteien also nicht gleichzeitig in einem sachlich-rechtlichen Streitpunkt eine Einigung erzielen, liegt nach unstreitiger Erledigung in den bloßen übereinstimmenden Erledigungserklärungen kein Vertrag i.S.v. Nr. 1.000 RVG-VV vor (Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl. 2004, RVG-VV 1000 Rz. 27).

So liegt der Fall hier. Die Parteien haben gerade nicht eine Einigung darüber getroffen, dass der geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers nicht besteht. Vielmehr haben die Parteien nach eingehender Erörterung des Sach- und Streitstandes wegen der Schwierigkeit der Sachverhaltsaufklärung sich dafür entschieden, den Rechtsstreit nicht weiter fortzuführen. Hierbei haben insb. Kostengesichtspunkte eine Rolle gespielt. Über die in Frage stehenden materiell-rechtlichen Ansprüche haben sich die Parteien jedoch nicht geeinigt. Beiden Parteien bleibt es unbenommen, in einem eventuellen neuen Rechtsstreit wechselseitig Zugewinnausgleichsansprüche geltend zu machen. Allein die Tatsache, dass die Parteien möglicherweise damit einverstanden waren, dass die durch das Gericht nach § 91a ZPO von Amts wegen vorzunehmende Kostenentscheidung dahin getroffen werden sollte, dass die Kosten gegeneinander aufzuheben waren, stellt keine vertragliche Einigung dar. Die Parteien haben nämlich gerade keinen Kostenvergleich geschlossen, sondern die Frage der Kostenverteilung in das Ermessen des Gerichts gestellt (§ 91a ZPO). Das Gericht war nicht gehalten, eine bestimmte Kostenentscheidung zu treffen. Erst nachdem die Kostenentscheidung entsprechend den Vorstellungen beider Parteien getroffen worden war, haben die Parteien auf das Absetzen von Gründen und die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet. Das allein kann aber eine vertragliche Regelung nicht begründen, wobei anzumerken ist, dass eine Einigungsgebühr all...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?