Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasspflegschaft bei bekannten und unbekannten Miterben
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen der Anordnung der Nachlasspflegschaft bei bekannten und unbekannten Miterben.
2. Die Fehlerhaftigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Nachlassgerichts dürfen das Grundbuchamt bzw. das Beschwerdegericht nur berücksichtigen, wenn sie so schwerwiegend sind, dass jedermann sie erkennen kann.
Normenkette
BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 1, §§ 1913, 1915, 1951, 1960, § 1960 ff., § 1961; GBO §§ 17, 39
Verfahrensgang
AG Euskirchen (Verfügung vom 16.09.2010) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 1.10.2010 werden die Zwischenverfügungen des Rechtspflegers des AG - Grundbuchamts - Euskirchen vom 16.9.2010, XX-000-0, vom 23.8.2010 sowie 16.9.2010 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung über den Eintragungsantrag der Beteiligten vom 15.6.2010 an das AG zurückgegeben.
Das AG - Grundbuchamt - Euskirchen wird angewiesen, die Eintragung der Beteiligten zu 2) nicht von den in den Zwischenverfügungen erhobenen Bedenken abhängig zu machen.
Gründe
1. Im Grundbuch des im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes ist noch die im Jahre 1945 verstorbene Erblasserin eingetragen. Erben sind ausweislich des vom AG Euskirchen, 3 VI 81/90, am 25.7.1990 erteilten gemeinschaftlichen Erbscheins ihre 6 Kinder zu 1/6 Anteil (Kopie des Erbscheins Bl. 30d. GA.). Sämtliche Kinder sind ebenfalls mittlerweile verstorben. Hinsichtlich der Erben der 6 Kinder sind vom AG Euskirchen bzw. AG Köln entsprechende Erbscheine erteilt worden, nämlich:
- Erbschein des AG Euskirchen vom 6.8.1991, 3 VI 267/91, betreffend den Nachlass K. B. (Bl. 65d. GA.),
- des AG Euskirchen, 3 IV 664/73, betreffend den Nachlass I. B.,
- des AG Euskirchen vom 21.11.1950, VI 466/50 betreffend den Nachlass J. B. (Bl. 68d. GA.),
- des AG Köln vom 13.4.1999, 33 VI 31/99, betreffend den Nachlass C. N. L. (Bl. 35 f. d. GA.),
- des AG Euskirchen, IV 544/67, betreffend den Nachlass D. T.,
- des AG Euskirchen ohne Datum, 3 VI 382/76, betreffend den Nachlass H. M. (Bl. 69d. GA.).
Zudem befinden sich bei den Grundakten Kopien weiterer Erbscheine betreffend nachverstorbener Erbeserben.
Mit Schriftsatz vom 8.10.1999 (Bl. 27 ff. d. GA.) beantragte der für die unbekannten Erben der nachverstorbenen Tochter C. N. L. bestellte Nachlasspfleger "im Hinblick auf die Erbfolgen nach der verstorbenen Erblasserin" die Grundbuchberichtigung. Über diesen Antrag ist ausweislich der dem Senat vorgelegten Akten bisher noch keine Entscheidung des Grundbuchamtes ergangen.
Unter dem 5.11.2009 erteilte das AG Euskirchen, 3 VI 679/09, der Beteiligten zu 1) eine Bestallung zur Nachlasspflegerin "für die unbekannten Erben" der am 30.11.1945 verstorbenen Erblasserin. Ihr Wirkungskreis ist mit "Sicherung und Veräußerung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks ..." angegeben. Unter dem 15.6.2010 reichte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten eine beglaubigte Abschrift seiner notariellen Urkunde vom 19.2.2010 (Urkundenrollen-Nr. 217/2010, Bl. 76 ff. d. GA.) zu den Akten und beantragte die Eigentumsumschreibung. In dieser hatte die Beteiligte zu 1) als "Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben" den im Rubrum aufgeführten Grundbesitz an die Beteiligte zu 2) veräußert. Dem Antrag war ein Beschluss des AG Euskirchen vom 23.3.2010, 3 VI 679/09, beigefügt, durch den die Rechtspflegerin die von der Beteiligten zu 1) in der Urkunde abgegebenen Erklärungen gem. §§ 1915, 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1962 BGB nachlassgerichtlich genehmigte.
Mit Zwischenverfügungen vom 23.8.2010 sowie vom 16.9.2010 forderte der Rechtspfleger des Grundbuchamtes den Notar auf, die Genehmigung des Kaufvertrages seitens der bekannten (Erbes)Erben vorzulegen. Insoweit bezog sich der Rechtspfleger auf eine von ihm angefertigte Aufstellung der Erbfolge nach der verstorbenen Grundstückseigentümerin (vgl. Bl. 97 ff. d. GA.). Gegen diese Verfügung haben die Beteiligten durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 1.10.2010 Beschwerde eingelegt. Dieser hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
2. a) Für die Entscheidung über die Beschwerde ist nach § 72 GBO in seiner zum 1.9.2009 gem. Art. 112 Abs. 1 FGG-RG in Kraft getretenen Neufassung das OLG zuständig. Der Antrag der Beteiligten ist am 5.6.2010 und damit nach dem Tage des Inkrafttretens der Neuregelung beim Grundbuchamt eingegangen. Die Beschwerde ist zudem nach § 71 Abs. 1, 73 GBO statthaft und zulässig. Hierbei geht der Senat davon aus, dass der Notar das Rechtsmittel entgegen seiner missverständlichen Formulierung in der Beschwerdeschrift vom 1.10.2010 "lege ich" nicht in eigenem Namen, sondern in Vertretung und Vollmacht der Urkundsbeteiligten erhoben hat.
b) Die Beschwerde hat Erfolg. Die Zwischenverfügung vom 23.8.2010 sowie vom 16.9.2010 sind aufzuheben, da das hierin bezeichnete Eintragungshindernis nicht besteht.
aa) Der Senat teilt zwar die Auffassung des Rechtspflegers, dass aufgrund der vorliegenden Aktenl...