Leitsatz (amtlich)
1. Für die zeitliche Einordnung des Rechtsschutzfalls ist auch im Passivprozess des VN nur auf denjenigen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften abzustellen, den der Versicherungsnehmer seinem Gegner im Ausgangsrechtsstreit anlastet (BGH, Urt. v. 03.07.2019 - IV ZR 111/18).
2. Erhebt der Vermieter Räumungsklage nach fristloser Kündigung des Mietverhältnisses gegen seinen rechtsschutzversicherten Mieter wegen rückständigen Mietzinses, kommt es für zeitliche Einordnung des Versicherungsfalls in diesem Passivprozess nicht auf den vom Vermieter gegenüber dem Mieter geltend gemachten Kündigungsgrund an, sondern allein auf den Ausspruch des nach Ansicht des Mieters unberechtigten Kündigung.
3. Macht der rechtsschutzversicherte Mieter gegen seinen Vermieter Schadensersatzansprüche wegen Wasserschäden geltend, die auf einem Mangel in der Dachabdeckung beruhen, liegt der für die Bestimmung des Rechtsschutzfalls maßgebliche Vorwurf des VN darin, dass der Vermieter trotz Aufforderung zur Mängelbeseitigung untätig geblieben ist und nicht erst im Zeitpunkt des Schadeneintritts. Der Rechtsschutzfall erstreckt sich über einen Zeitraum i.S.d. § 4 (2) ARB 2010, sodass dessen Beginn maßgeblich ist.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 24 O 244/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.4.2019 - 24 O 244/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 6.12.2018 wird teilweise aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin bedingungsgemäßen Deckungsschutz für die erste Instanz in dem Rechtsstreit B. ./. die Klägerin vor dem Landgericht Z., Az.: 1 O 2/12, Schadenzeichen der Beklagten: S11...., insoweit zu gewähren, als sich die hiesige Klägerin gegen die mit Datum vom 15.05.2018 gegen sie erhobene Räumungsklage sowie gegen die ebenfalls mit selber Klage geltend gemachte Zahlung rückständiger Mietzinszahlungen für das Objekt Römerstraße in L. für die Zeit von Mai 2011 bis einschließlich Dezember 2011 in Höhe von 6.800 Euro verteidigt.
Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 75 % und die Beklagte zu 25 % mit Ausnahme der durch die Säumnis der Klägerin entstandenen Mehrkosten, die der Klägerin auferlegt werden.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Berufungsverfahren (nur noch) Deckungszusage für die Übernahme der Kosten dreier Prozesse vor dem Landgericht Zweibrücken.
Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, unterhielt bei der Beklagten vom 17.03.2011 bis zum 09.03.2018 eine Rechtsschutzversicherung. Die vertraglich vereinbarte Wartezeit lief zum 17.06.2011 ab. Dem Vertrag lagen die "Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2010, Stand 01.10.2010) der Beklagten zugrunde (Bl. 79 ff. des Anlagenheftes). Von der Versicherung umfasst war der "K-Rechtsschutz für Unternehmen und freie Berufe" gemäß § 28 ARB.
Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c) ARB besteht Anspruch auf Rechtschutz nach Eintritt des Rechtsschutzfalles von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Dabei besteht Versicherungsschutz für die Leistungsart § 2 lit. c) ARB (Wohnungs- und Grundstücksrechtschutz) und § 2 lit. d) ARB (Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht) jedoch erst nach Ablauf von drei Monaten nach Versicherungsbeginn (Wartezeit), soweit es sich nicht um die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen der Verletzung dinglicher Rechte an Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen handelt.
§ 4 Abs. 2 ARB lautet:
"Erstreckt sich der Rechtsschutz über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich. Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend, wobei jedoch jeder Rechtsschutzfall außer Betracht bleibt, der länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten oder, soweit sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum streckt, beendet ist."
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Regelungen in den ARB wird auf Bl. 79 ff. des Anlagenheftes Bezug genommen.
Die Klägerin hatte von ihrem damaligen Vermieter B. mit Mietvertag vom 16.02.2009 in der Römerstraße in L. Gewerberäume, nämlich Lager, Büro und Werkstatt, zu einem monatlichen Mietzins von 850 Euro inkl. Heizkosten angemietet (siehe hierzu Bl. 138 ff. des Anlagenheftes).
Die Gegenstände der Rechtsstreitigkeiten, für...