Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 9 O 14070/20 (2)) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27.01.2021, Az. 9 O 14070/20 (2), gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung der Verfügungsbeklagten offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dies zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das Landgericht hat die am 10.11.2020 erlassene einstweilige Verfügung zu Recht bestätigt.
Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, die sich der Senat in vollem Umfang zu eigen macht. Das Berufungsvorbringen der Verfügungsbeklagten gibt Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen:
1. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten habet diese für die versandten presse rechtlichen Informationsschreiben als Störer.
a) Zwar ist es Aufgabe des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich Äußerungen im Namen und in Vollmacht seines Mandanten nicht als persönliche zu Eigen. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (BGH NJW 2019, 781 Rn. 27 ff, NJW 2005, 279 unter II 1 b). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Rechtsanwalt in seiner beruflichen Funktion Informationen seines Mandanten in gehöriger Form weitergibt (BGH NJW 2003, 3263).
Nur im Ausnahmefall kann die Berücksichtigung der Gesamtumstände eine persönliche Verantwortung des Rechtsanwalts nahelegen (BGH a.a.O, NJW 2016, 2110 Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt dies beispielsweise bei einem Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht, wenn eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung auf einer die Rechtslage fahrlässig falsch einschätzenden Beratung des abmahnenden Mandanten durch den Rechtsanwalt beruht. Denn der Rechtsanwalt, der den Schutzrechtsinhaber rechtlich berät, hat aufgrund seines Mandats erhebliche Möglichkeiten der Abwehr und Steuerung im Hinblick auf die Vermeidung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eines Dritten durch eine unberechtigte Verwarnung (BGH NJW 2016, 2110, Rn. 14, 23).
b) Ein solcher Ausnahmefall ist auch hier gegeben.
(1) Zwar weist die Verfügungsbeklagte in den Informationsschreiben vom 21.10.2020 eingangs darauf hin, dass sie J. R. in ihren presserechtlichen Angelegenheiten vertrete. Dennoch durften die Verfügungsklägerinnen von der Verantwortung der Verfügungsbeklagten für das Schreiben ausgehen. Zum einen hat der Bevollmächtigte der Verfügungsklägerinnen bereits in anderem Zusammenhang mit Schreiben vom 27.09.2018 (Anlage BB2) die Verfugungsbeklagte aufgefordert, die Versendung presserechtlicher Informationsschreiben zu unterlassen. In dem Schreiben wird insbesondere darauf hingewiesen, dass kein Interesse an der rechtlichen Einschätzung durch die Verfügungsbeklagte bestehe. Im hier zu entscheidenden Fall hat der Bevollmächtigte der Verfügungsklägerinnen die Verfügungsbeklagte (und nicht die von ihr vertretene Mandantin) zur Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen aufgefordert (Anlagen ASt 5 und 6 zur Antragsschrift vom 28.10 2020). Auf keines der Schreiben hin hat die Verfugungsbeklagte ihre fehlende Passivlegitimation gerügt. Auch im Verfahren vor dem Landgericht hat die Verfugungsbeklagte sich nicht auf das Fehlen der Störereigenschaft berufen, so dass es verwundert, dass sie nunmehr fehlende Ausführungen des Landgerichts zu dieser Frage als rechtsfehlerhaft rügt.
(2) Hinzu kommt, dass die Verfügungsbeklagte in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15.01.2019 - VI ZR 506/17, NJW 2019, 781, entschiedenen Musterverfahren, das beiden Parteien bekannt ist und auf das beide Parteien ihre Rechtspositionen stützen, die dortige Klägerin explizit aufgefordert hat, sie selbst und nicht ihre Mandanten zu verklagen. Sie hat im dortigen Verfahren explizit Verantwortung für weitere presserechtliche Informationsschreiben übernommen und sich deren Inhalte zu Eigen gemac...