Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 9 O 16309/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 27.07.2022, Az. 9 O 16309/20, dahingehend abgeändert, dass über die Beklagte zu 3) hinaus auch die Beklagten zu 1) und zu 2) verurteilt werden, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten zu unterlassen, den Klägerinnen sog. presserechtliche Informationsschreiben zuzusenden, wenn dies geschieht wie mit Schreiben der Beklagten zu 1) und zu 2) vom 21.10.2020.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten zu 3) wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten samtverbindlich.

4. Das Urteil und das in Ziffer 1. genannte Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen verlangen von den Beklagten, die Übermittlung sog. presserechtlicher Informationsschreiben zu unterlassen, wenn es geschieht wie mit Schreiben der Beklagten an die Klägerinnen vom 21.10.2020.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes und der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 27.07.2022 (Bl. 152/158 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 3) verurteilt es zu unterlassen, den Klägerinnen sog. presserechtliche Informationsschreiben zuzusenden, wenn dies geschehe wie mit Schreiben der Beklagten zu 1) und zu 2) vom 21.10.2020. Im Übrigen hat das Landgericht die Klagen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerinnen hätten gegen die Beklagte zu 3) jeweils einen Anspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB, da das Zusenden der streitgegenständlichen Schreiben rechtswidrig in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreife. Zur Begründung nimmt das Landgericht Bezug auf den Beschluss des Senats vom 02.07.2021 im Verfahren 18 U 988/21 Pre, der im einstweiligen Verfügungsverfahren zwischen den Klägerinnen und der Beklagten zu 1) ergangen ist. Die dortigen Ausführungen würden auch im Hinblick auf die Beklagte zu 3) gelten, da sie die Beklagte zu 1) mit der Übersendung der streitgegenständlichen Schreiben beauftragt habe und damit als Störerin anzusehen sei. Die Schreiben überschritten auch die Schwelle einer bloßen Belästigung. Es könne offenbleiben, ob die Beklagte zu 3) einen sog. Opt-Out gegenüber den Klägerinnen erklärt habe, da die Schreiben per se schon mehr als eine reine Belästigung darstellten. Das Erfordernis einer vorherigen Erklärung der Klägerinnen auch gegenüber der Beklagten zu 3), keine weiteren Schreiben dieser Art erhalten zu wollen, sei auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15.01.2019 - VI ZR 506/71) nicht notwendig.

Die Feststellungsklage sei dagegen unbegründet. Zum einen sei die Klage im Zeitpunkt des vermeintlich erledigenden Ereignisses gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) bereits unbegründet gewesen. Zum anderen sei kein erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit der Klage eingetreten. Die Klägerinnen hätten gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) von vorneherein keinen Unterlassungsanspruch gehabt, da diese keine Störer im Sinne des § 1004 BGB seien. Den Beklagten zu 1) und zu 2) fehle es an der erforderlichen Passivlegitimation, weil sie mit ihren Schreiben vom 21.10.2020 erkennbar nicht im eigenen Namen, sondern in rechtlicher Vertretung der Beklagten zu 3) zur Abwehr einer konkret befürchteten rechtswidrigen Presseberichterstattung gehandelt hätten. Auch die Überschrift "Presserechtliches Informationsschreiben Judith Rakers" spreche gegen eine Deutung, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) selbst in Anspruch genommen werden wollten. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gebe es im Streitfall auch keine ausdrückliche Anregung seitens der Beklagten zu 1) oder zu 2), sie zu verklagen. Auf Grundlage dieser Gesamtumstände hätten die Klägerinnen bereits bei Klageerhebung, aber auch im Zeitpunkt des vermeintlich erledigenden Ereignisses (Bestreiten der Störereigenschaft mit Klageerwiderung bzw. im Berufungsverfahren 18 U 988/21) nicht annehmen dürfen, dass die Beklagten zu 1) oder zu 2) auch im vorliegenden Fall persönlich in Anspruch genommen werden wollten.

Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 18.07.2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt. Die Beklagte zu 3) hat mit Schriftsatz vom 17.08.2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Anschlussberufung eingelegt.

Die Klägerinnen haben zunächst mit ihrer Berufung die vom Landgericht abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgt. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus:

Die Annahme des Landgerichts, den Beklagten zu 1) und zu 2) fehle im vorliegenden Fall die Passivlegitimation, werde durch die getroffenen Feststellungen nicht getrag...

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