Leitsatz (amtlich)

Die Androhung der Vorführung eines Betroffenen zur psychiatrischen Begutachtung ist bei einer im Raum stehenden Verlängerung der Betreuung unanfechtbar (Abgrenzung zu BayObLG BtPrax 1995, 182 = FamRZ 1996, 499).

 

Normenkette

FGG § 68b Abs. 3, § 69i Abs. 3, 6

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 03.05.2006; Aktenzeichen 13 T 3404/06)

AG Nürnberg (Aktenzeichen XVII 1885/02)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 3.5.2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Für den Betroffenen ist seit Oktober 2000 ein Betreuer bestellt. Zuletzt wurde die bestehende Betreuung mit Beschluss des AG vom 14.11.2003 verlängert und der Aufgabenkreis verändert. Seither ist als Aufgabenkreis festgelegt: Gesundheitsfürsorge; Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung; Vertretung bei Ämtern und Behörden und Vertretung ggü. Sozialleistungs- und Versicherungsträgern. Gegen einen diese Entscheidung bestätigenden Beschluss des LG vom 6.2.2004 erhob der Betroffene weitere Beschwerde. Mit Schreiben vom 28.10.2004 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten des Betreuers die Aufhebung der Betreuung. Das BayObLG ersuchte mit Verfügung vom 2.2.2005 das AG um Prüfung, ob dieses Schreiben Anlass geben könnte, aufgrund neuer Tatsachen die Notwendigkeit der Betreuung zu überprüfen. Das AG ordnete daraufhin am 14.2.2005 die Erstellung eines fachärztlichen Gutachtens an. Einen Antrag des Betroffenen, die Betreuung ohne ein entsprechendes Gutachten aufzuheben, lehnte das AG mit Beschluss vom 2.5.2005 ab. Das LG und das OLG bestätigten mit Beschlüssen vom 18.7.2005 und 22.12.2005 diese Entscheidung. Nachdem der Betroffene zu Terminen beim Sachverständigen nicht erschienen war und seinerseits beantragt hatte, die Akten dem BayObLG ohne "Abhilfe" zur Entscheidung vorzulegen, drohte das AG dem Betroffenen mit Verfügung vom 6.4.2006 an, ihn zur Untersuchung zwangsweise vorführen zu lassen. Seinem Antrag, die Akten ohne Begutachtung dem Beschwerdegericht vorzulegen, werde unter Hinweis auf den Beschluss des OLG vom 22.12.2005 nicht stattgegeben. Eine Beschwerde des Betroffenen gegen diese Verfügung verwarf das LG am 3.5.2006 als unzulässig. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen.

II. Die weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist ohne Rücksicht auf die Zulässigkeit der Erstbeschwerde zulässig, weil die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wurde (BayObLG v. 24.6.1993 - 3Z BR 111/93, BayObLGZ 1993, 253 [255] = BayObLGReport 1993, 96).

1. Das LG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Eine Vorführung zur Untersuchung vor erstmaliger Bestellung eines Betreuers gem. § 68b Abs. 3 FGG sei unanfechtbar. Dies gelte auch bei Verlängerung, nicht aber bei Aufhebung der Betreuung (§ 69i Abs. 6 bzw. Abs. 3 FGG). Ein Fall des § 69i Abs. 3 FGG liege jedoch nicht vor, wenn das Gericht dem Antrag auf Aufhebung der Betreuung nicht entsprechen wolle. So liege der Fall hier. Dem AG gehe es ersichtlich vorrangig um die Verlängerung der Betreuung. Die zahlreichen Schreiben des Betroffenen ließen erkennen, dass er wohl noch immer unter paranoiden Vorstellungen leide.

Wenn bereits die Anordnung der Vorführung zu einer Untersuchung nicht anfechtbar sei, dann müsse dies erst recht für den Hinweis gelten, dass eine solche Vorführung angedroht werde. Daran ändere sich auch durch eine Rechtsmittelbelehrung des Gerichts nichts.

Im Übrigen sei die Beschwerde gegen die Verfügung auch unbegründet. Ein Gutachten sei zur Feststellung der Erforderlichkeit der Betreuung unerlässlich. Eine Vorführung sei bei unentschuldigter Weigerung des Betroffenen verhältnismäßig.

3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung i.E. stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Zu Recht hält das LG die Androhung der Vorführung im vorliegenden Fall für unanfechtbar. Wenn sogar die Anordnung der Vorführung selbst gem. § 68b Abs. 3 S. 2 FGG ausdrücklich für unanfechtbar erklärt wird, muss dies erst recht für die bloße Androhung gelten.

Anders läge es allenfalls, wenn das Verfahren ausschließlich auf die Aufhebung der Betreuung oder einen Betreuerwechsel gerichtet wäre (BayObLG BtPrax 1995, 182 = FamRZ 1996, 499). Das ist jedoch nach den ausdrücklichen Feststellungen des LG hier gerade nicht der Fall. Wie bereits im Senatsbeschluss vom 22.12.2005 ausgeführt, lassen die zahlreichen Schreiben des Betroffenen erkennen, dass er möglicherweise noch immer unter paranoiden Vorstellungen leidet. Eine Verlängerung der Betreuung steht damit im Raum, sofern sämtliche Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 BGB erfüllt sein sollten.

Unabhängig von der Prüfbitte des BayObLG vom 2.2.2005, die ja ohnehin auf eine - ergebnisoffene - Prüfung der Notwendigkeit der Betreuung gerichtet war, ist die Überprüfungsfrist nach dem (vor dem BayObLG angefochtenen) Beschluss des AG vom 14.11.2003 bereits am 14.11.2005 abgelaufen, so dass das AG auch aus diesem Grund eine Verlängerung der Betreuung zu prüfen hat...

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