Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesonderte Kostenregelung für Rechtsstreit über Vergleich
Leitsatz (amtlich)
1. Haben die Parteien in einem Prozessvergleich die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gesondert geregelt, so erstreckt sich die für den Vergleich vereinbarte Kostenaufhebung auch auf die Verfahrensdifferenzgebühr nach RVG-VV 3101 Nr. 2.
2. Auch die Terminsgebühr ist in diesem Fall regelmäßig nicht aus dem höheren Vergleichswert, sondern nur aus dem Wert der rechtshängigen Klageforderung zu erstatten.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3101 Nr. 2, Nr. 3104
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 10.03.2006; Aktenzeichen 553 F 06725/05) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 739,15 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit Ansprüche auf die Erstattung von Steuernachteilen im Rahmen des sog. Realsplittings i.H.v. insgesamt 3.743,49 EUR geltend gemacht. Der Rechtsstreit ist durch Prozessvergleich vom 15.12.2005 beendet worden, wobei die Parteien folgende Kostenregelung vereinbart haben:
"Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte, die Kosten der Vereinbarung werden gegeneinander aufgehoben".
Den Streitwert für das Verfahren hat das Erstgericht auf 3.743,49 EUR und für die Vereinbarung auf 10.500 EUR festgesetzt.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin dagegen, dass die geltend gemachte 0,8 Verfahrensdifferenzgebühr nicht und die Terminsgebühr nur aus dem Wert von 3.743,49 EUR berücksichtigt wurde. Zur Begründung wird ausgeführt, im Termin zur mündlichen Verhandlung seien nicht rechtshängige Ansprüche in die Einigung einbezogen worden. Eine Einigung sei aber auch über die rechtshängigen Ansprüche erzielt worden. Soweit die Kosten der Vereinbarung in dem getroffenen Vergleich gegeneinander aufgehoben worden seien, habe sich dies ausschließlich auf die Vergleichs- bzw. Einigungsgebühr bezogen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.
1. In dem Prozessvergleich vom 15.12.2005 haben die Parteien vereinbart, der Beklagte habe die Kosten des Verfahrens zu tragen, die Kosten der Vereinbarung wurden jedoch gegeneinander aufgehoben. Bei derartigen Kostenvereinbarungen hat der Senat hinsichtlich der nach früherem Recht entstandenen Prozessdifferenzgebühr gem. § 32 Abs. 2 BRAGO entschieden, dass diese den Kosten des Vergleichs zuzurechnen und damit wegen der insoweit vereinbarten Kostenaufhebung nicht erstattungsfähig war (JurBüro 1998, 86 = AnwBI. 1999, 56). Dies entspricht auch der herrschenden Meinung (OLG Schleswig JurBüro 1998, 472; OLG Hamm JurBüro 1998, 544; OLG Hamburg JurBüro 2000, 205; OLG Köln JurBüro 2001, 192). Für die mit In-Kraft-Treten des RVG zum 1.7.2004 an die Steile der Prozessdifferenzgebühr getretene Verfahrensdifferenzgebühr nach RVG-VV 3101 Nr. 2 kann nichts anderes gelten. Diese Gebühr ist nur durch den Abschluss des Vergleichs verursacht worden, gehört also nicht zu den nach der Kostenvereinbarung von den Kosten des Vergleichs zu unterscheidenden allgemeinen Verfahrenskosten. Eine Auslegung der getroffenen Kostenvereinbarung dahingehend, dass sich diese nur auf die anfallende Einigungsgebühr beziehen sollte, ist nicht sachgerecht. Zu den Kosten des Vergleichs bzw. der Vereinbarung gehören vielmehr bei zutreffender objektiver Betrachtung alle durch den Vergleichsabschluss unmittelbar entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Parteien (OLG Hamm JurBüro 1998, 544). Kosten des Verfahrens, die nach der Vereinbarung der Beklagte zu tragen hat, können dagegen nur Gebühren und Auslagen sein, die im Zusammenhang mit den im konkreten Rechtsstreit rechtshängigen Ansprüchen angefallen sind. Die Verfahrensdifferenzgebühr wäre aber ohne die Einbeziehung der im vorliegenden Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüche gerade nicht entstanden. Wenn die Parteien etwas anderes gewollt hätten, hätte dies in die Vereinbarung entsprechend aufgenommen werden müssen (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG-VV, 17. Aufl., 3100 Rz. 171).
2. Die vorstehenden Erwägungen müssen auch bei der Entscheidung der Frage Berücksichtigung finden, ob die Terminsgebühr gem. RVG-VV 3104 Anm. Abs. 2 in derartigen Fällen aus dem höheren Vergleichswert oder nur aus dem Wert der rechtshängigen Klageforderung zu erstatten ist. Dass die Terminsgebühr für den Rechtsanwalt aus dem höheren Vergleichswert anfällt, ist für die Frage der Erstattung ohne Belang. Auch die höhere Terminsgebühr wurde nur dadurch ausgelöst, dass die Parteien anderweitige Ansprüche in ihre Vereinbarung einbezogen haben. Der Wille der Parteien ging ersichtlich dahin, dass der Beklagte derartige Mehrkosten gerade nicht tragen sollte. Ohne die Einbeziehung der nicht rechtshängigen Ansprüche wäre die Terminsgebühr nämlich nur aus dem Verfahrensstreitwert von 3.743,49 EUR angefallen. Aus eben diesem Streitwert hat die Rechtspflegerin die Termi...