Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer erbvertraglichen Verfügung. Nachweis eines Irrtums im Beweggrund

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Nachweis eines Irrtums im Beweggrund für die Anfechtung einer erbvertraglichen Verfügung.

 

Normenkette

BGB § 2078 Abs. 2, § 2281

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 20.03.2007; Aktenzeichen 64 T 334/07)

AG Eggenfelden (Aktenzeichen VI 539/06)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des LG Landshut vom 20.3.2007 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Erblasserin verstarb am 9.6.2006 im Alter von 85 Jahren. Ihr Ehemann war vorverstorben. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die leiblichen Kinder der Erblasserin.

Die Erblasserin und ihr Ehemann schlossen am 6.6.2002 einen Erbvertrag. In diesem Erbvertrag wurde die bereits früher vereinbarte gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute ausdrücklich aufrechterhalten. Als Rechtsnachfolger des Letztversterbenden sowie für den Fall des gleichzeitigen Todes setzten die Eheleute die Beteiligte zu 2 zur alleinigen Erbin ein. Als Ersatzerben bestimmten sie den Ehemann der Beteiligten zu 2. In dem Erbvertrag war vorgesehen, dass sämtliche Verfügungen als vertragsmäßig anzusehen sind. Gründe für den Ausschluss der Beteiligten zu 1 und zu 3 von der Erbfolge sind in dem Erbvertrag nicht genannt. Mit notarieller Urkunde vom 3.2.2005 focht die Erblasserin die Schlusserbeneinsetzung sowie die Ersatzerbeneinsetzung in dem Erbvertrag vom 6.6.2002 an. Die Erblasserin stützte ihre Anfechtung darauf, dass sie und ihr Ehemann bei Abfassung des Erbvertrags vom 6.6.2002 erwartet hätten, die Beteiligte zu 2 pflege den länger Lebenden bis zu seinem Tod persönlich und nehme ihn in ihren Haushalt auf. Dieses Versprechen habe sie ihren Eltern unmittelbar vor Unterzeichnung des Erbvertrags mündlich gegeben. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 3.2.2005 setzte die Erblasserin die Beteiligten zu 1 und zu 3 zu gleichen Teilen zu ihren Erben ein.

Das Nachlassgericht kündigte mit Beschluss vom 11.12.2006 die Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt an, dass die Erblasserin von der Beteiligten zu 2 allein beerbt worden ist. Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte zu 1 mit Schriftsatz vom 20.12.2006 Beschwerde ein. Diese hat das LG mit Beschluss vom 20.3.2007 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 24.4.2007. Nach dem Beschwerdeverfahren hat das Nachlassgericht den beantragten Alleinerbschein erteilt. Der Beteiligte zu 1 hält seine weitere Beschwerde mit der Maßgabe aufrecht, dass das Beschwerdeverfahren zur Einziehung des Erbscheins führen solle.

II.1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Die zwischenzeitliche Erteilung des Erbscheins an die Beteiligte zu 2 hat das Rechtschutzbedürfnis des Beteiligten zu 1 nicht entfallen lassen. Sein Vorbringen ist nunmehr dahin aufzufassen, dass er mit der weiteren Beschwerde das Ziel verfolgt, den erteilten Erbschein einzuziehen (vgl. BayObLG v. 2.6.1982 - BReg.1 Z 45/81, BayObLGZ 1982, 236/239; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl., § 27 Rz. 51).

2. Die weitere Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

a) Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Beteiligte zu 2 habe die Erblasserin allein beerbt aufgrund des Erbvertrages vom 6.6.2002. Das Testament vom 3.2.2005 komme nicht zum Tragen, weil die erbvertragliche Bindung entgegenstehe. Die Wirkungen des Erbvertrages seien nicht durch Anfechtung entfallen, weil für das Gericht nicht feststehe, dass ein Anfechtungsgrund gegeben sei. Zwar könnten letztwillige Verfügungen angefochten werden, wenn ein sog. Motivirrtum vorliege. Ein solcher wäre anzunehmen, wenn maßgeblicher Grund für die Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten zu 2 die Erwartung oder deren Zusage gewesen wäre, ihre Eltern bis zu deren Tod aufzunehmen und zu pflegen. Dies könne jedoch nicht hinreichend sicher festgestellt werden. Das Gericht gehe davon aus, dass die Erblasserin von ihrer Tochter enttäuscht gewesen sei, nachdem sie von ihrer Haltung erfahren hatte, sie in ein Pflegeheim zu geben. Es könne als wahr unterstellt werden, dass die Erblasserin sich ggü. Dritten enttäuscht geäußert und diesen mitgeteilt habe, die Tochter habe die Pflege bis zum Ableben in ihrem Haushalt versprochen. Die Einvernahme der Zeuginnen sei deshalb nicht erforderlich. In vergleichbarer Weise habe sich die Erblasserin auch ggü. dem VormG geäußert. Das LG gehe davon aus, dass zum Zeitpunkt der beschriebenen Äußerungen es nicht mehr Wille der Erblasserin gewesen sei, wonach die Beteiligte zu 2 sie allein beerben solle. Das LG habe aber nicht die Überzeugung gewinnen können, dass es vor Abschluss des Erbvertrages ein Pflegeversprechen der Tochter wirklich gegeben habe und dieses der ausschlaggebende Beweggrund für die letztwillige Verfügung gewesen sei. Aus den beigezogenen Betreuungsakten ergäben sich keine Anhaltspunkte für ein entsprechendes Motiv der Erblasseri...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?