Entscheidungsstichwort (Thema)

verbunden, Widerruf, derzeit, endgültig, Unmöglichkeit, Rückabwicklung, Verkauf

 

Normenkette

BGB § 285 Abs. 1, § 355 Abs. 1 S. 1, § 357 Abs. 4 S. 1, § 357a Abs. 1, § 358 Abs. 4 S. 1, § 495 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 30.09.2021; Aktenzeichen 29 O 7946/21)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.09.2021, Az. 29 O 7946/21, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtsstreits.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieses Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird insoweit zugelassen, als ungeklärt ist, ob die Klage als derzeit oder als endgültig unbegründet abzuweisen ist. Zuständig ist der Bundesgerichtshof.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 37.866,09 festgesetzt.

 

Gründe

A Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs des Klägers vom 20.04.2020 (Anlage K 3) betreffend den Darlehensvertrag der Parteien vom 26.07.2017 (Anlage K 1), mit dem die Beklagte dem Kläger den Kauf eines Kraftfahrzeugs (Anlage K 2) finanzierte.

Das LG München I hat mit Endurteil vom 30.09.2021 die Klage wohl als endgültig unbegründet abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Feststellungen in diesem Endurteil (Bl. 180/194 d. A. ...) mit nachfolgenden Änderungen und Ergänzungen verwiesen.

Hervorzuheben ist die (unstrittige) Feststellung des LG München I in seinem Endurteil, dass der Kläger im Oktober 2020, also nach seinem Widerruf, das Darlehen durch Zahlung von EUR 20.052,02 "abgelöst" und das Fahrzeug anschließend verkauft hat. Das Fahrzeug wieder zu beschaffen, ist für den Kläger jedenfalls mit großem Aufwand verbunden, und ein Rückkauf bleibt wegen der regelmäßig nicht vorhandenen Bereitschaft des Käufers, das Fahrzeug an den Verkäufer zurückzugeben, höchst unsicher, weshalb sich der Kläger auf Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 2 BGB beruft.

Die Beklagte hält den Widerruf für unwirksam und beruft sich insbesondere auf ihr Zurückbehaltungsrecht im Rahmen der Vorleistungspflicht des Klägers.

In der Berufung beantragt der Kläger unter Abänderung des am 30.09.2021 verkündeten Urteils des LG München I, 29 O 7946/20, wie folgt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 37.866,09 nebst 5,0%-Punkte Zinsen p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Hinsichtlich des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Mit Senatsbeschluss vom 14.11.2022 wurde dem Kläger nachgelassen, bis 28.11.2022 zum neuen Vorbringen im Schriftsatz der Beklagten vom 04.11.2022 Stellung zu nehmen.

Am 28.11.2022 ging ein Schriftsatz des Klägers beim OLG München ein, auf den verwiesen wird (vgl. Bl. 309/315 d. A.).

B Die zulässige Berufung des Klägers (§§ 511, 517, 520 ZPO) ist nicht begründet, die Klage ist endgültig unbegründet (§ 357a Abs. 1 BGB):

I. Auf den Rechtsstreit ist das am 26.07.2017 geltende Zivilrecht anzuwenden (Art. 229 § 39, § 40 Abs. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 2 Nr. 1, § 45 Abs. 2, 53 EGBGB; künftig: a. F.).

II. Lässt man den Verkauf des finanzierten Fahrzeugs nach Widerruf durch den Kläger zunächst außen vor, wäre die Klage derzeit jedenfalls unbegründet:

1. Nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB sind auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags unabhängig von der Vertriebsform § 355 Abs. 3 BGB und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357b BGB entsprechend anzuwenden. Danach gelten für alle Verträge (unabhängig von der Vertriebsform) § 355 Abs. 3 BGB und ergänzend die Vorschriften entsprechend, die nach der Art des verbundenen Vertrags hypothetisch anwendbar wären, wenn dieser selbst widerrufen worden wäre, ohne dass es darauf ankommt, ob insoweit ein Widerrufsrecht bestanden hat. Dies ist bei einem Vertrag über die Lieferung einer Ware die Vorschrift des § 357 BGB (BGH, Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 498/19, WM 2020, 2321, 2323, Randziffer 22; Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 525/19, Randziffer 22; insoweit in BKR 2021, 106 nicht abgedruckt; s.a. Urteil vom 01.06.2021, XI ZR 149/20, Randziffer 16 - nach juris; Urteil vom 15.06.2021, XI ZR 376/20, Randziffer 18 - nach juris). Aufgrund dessen ist der Darlehensnehmer nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB im Hinblick auf die Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs vorleistungspflichtig. Der darlehensgebenden Bank steht nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber dem Darlehensnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder der Darlehensnehmer den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat. Dass di...

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