Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Testament
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Voraussetzungen eines Nottestaments.
Normenkette
BGB § 2250
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 29.02.2000; Aktenzeichen 4 O 5691/99) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 29.2.2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,– DM.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen der Beurkundung eines nichtigen Nottestaments.
Am 9.6.1993 befand sich der Onkel des Klägers, … (im folgenden Erblasser genannt), der als früherer Bergmann bei der Bundesknappschaft durch eine Pflichtversicherung krankenversichert war, wegen einer fortgeschrittenen Krebserkrankung im Kreiskrankenhaus …, dessen Träger bis 31.12.1994 der Beklagte war. Der Vater des Klägers, …, suchte ihn dort auf. … teilte dem Chefarzt der inneren Abteilung des Krankenhauses, … im weiteren Verlauf mit, daß sein Bruder ein Testament machen möchte. … brachte den Erblasser in einem Rollstuhl in das Zimmer des Chefarztes. In Anwesenheit von … ließ der Chefarzt … durch seine Sekretärin maschinenschriftlich ein Schriftstück mit folgendem Inhalt aufsetzen:
… 09.06.93
Testament
Ich, …, geb. … wh. in …, verfüge, daß nach meinem Tod mein Besitz zu gleichen Teilen an meine Frau und an meinen Neffen, Herrn … wh. in … übergeht.
…
Kreiskrankenhaus
Innere Abteilung
„Die oben stehende Verfügung wurde von Herrn … in meinem Beisein diktiert und unterschrieben.”
„…/Chefarzt”
Anschließend leistete der Erblasser eine – unleserliche – Unterschrift, … unterschrieb nicht (wegen des Erscheinungsbildes des Schriftstücks im einzelnen wird auf die Kopie in der Anlage zu Blatt 18/22 d.A. hingewiesen).
Noch am Nachmittag des 9.6.1993 wurde der in der Nacht zuvor in das Krankenhaus eingelieferte Erblasser von seiner Ehefrau … nach Hause gebracht. Auf Bitten der Ehefrau übernahmen … und die Schwester … gemeinschaftlich die Pflege und Besorgung des Erblassers bis zu dessen Tod am 12.6.1993.
Das Testament wurde im Nachlaßverfahren nach dem Erblasser wegen der Zuziehung des Vaters des Klägers …, als Zeugen für unwirksam erklärt.
Der Kläger erhielt daher nichts aus dem Nachlaß des Erblassers.
Alleinerbin nach dem Erblasser wurde aufgrund eines entsprechenden Testamentes vom 22.3.1992 dessen Ehefrau.
Der Kläger trägt vor, es sei ausgemachte Sache gewesen, daß er nach dem Erblasser habe erben sollen. Aus diesem Grunde habe der Erblasser, der sich in einem kritischen Zustand befunden habe, den Wunsch geäußert, ein Testament mit dem niedergelegten Inhalt zu errichten. Der Chefarzt … habe sich vom Willen des Erblassers durch Rede und Gegenrede überzeugt. Da dieser durch die fehlerhafte Hinzuziehung des Vaters des Klägers als Zeugen die Unwirksamkeit des Testaments verschuldet habe, stehe dem Kläger gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung zu. Die für ein kommunales Krankenhaus zuständigen Träger seien verpflichtet, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß Patienten, die sich in einem kritischen Zustand befänden, noch ein Testament errichten könnten. Der Chefarzt des Krankenhauses müsse die Formalien eines Nottestamentes kennen, die einfach seien.
Der Kläger ist der Auffassung, er habe deshalb einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Hälfte des Nachlasses, die ihm bei einem wirksamen Testament zugefallen wäre. Deren Wert belaufe sich auf 351.000,– DM.
Der Kläger hat beim Landgericht beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 351.000,– nebst 4 % Zinsen hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat
Klageabweisung
beantragt.
Der Beklagte ist der Auffassung, ein Amtshaftungsanspruch komme bereits deswegen nicht in Betracht, weil … als Angestellter des Beklagten kein Beamter im Sinne von § 839 BGB gewesen sei und auch nicht hoheitlich gehandelt habe. Sonstige Anspruchsgrundlagen seien nicht gegeben.
… habe auch keine Pflichtverletzung begangen, für die der Beklagte haften müßte.
Der Beklagte bestreitet, daß es der Wille des Erblassers gewesen sei, den Kläger (zur Hälfte) als Erben einzusetzen. Vielmehr ergebe sich aus den Nachlaßakten, daß der Erblasser bereits am 15.9.1969 und nochmals erst 15 Monate vor seinem Tod, am 22.3.1992, wirksam dahin testierte, daß seine Ehefrau Alleinerbin sein solle. Der Beklagte bestreitet, daß der Erblasser gegenüber … geäußert habe, daß er ein Testament errichten und den Kläger als Miterben einsetzen wolle.
Er behauptet, der Erblasser sei von … in das Zimmer des Chefarztes … gefahren worden, wobei … geäußert habe, daß sein Bruder ein Testament errichten wolle und ob … ihm dabei behilflich sein könne. … habe im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Patienten, insbesondere aber auch...