Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Unfall und nicht versichertem Abschleppschaden in der Fahrzeug-Vollversicherung; Verteilung der Darlegungs- und Beweislast
Leitsatz (amtlich)
1. Der Versicherer der Fahrzeug-Vollversicherung muss beweisen, dass Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug "ohne Einwirkung von außen" entstanden sind und damit vom Ausschluss gemäß A. 2.3.2 AKB 2008 erfasst werden (Anschluss an OLG Düsseldorf BeckRS 2007, 02770). Den Versicherungsnehmer trifft für eine derartige Einwirkung von außen eine sekundäre Darlegungslast.
2. Seiner sekundären Darlegungslast genügt der Versicherungsnehmer nicht schon dadurch, dass er (pauschal) behauptet, der Fahrer eines das versicherte Fahrzeug abschleppenden Pkw habe wegen eines auf der eigenen Fahrspur entgegenkommenden Fahrzeugs eine Vollbremsung durchführen müssen, infolge derer es zu einem Auffahren des versicherten Fahrzeugs auf das abschleppende Fahrzeug gekommen sei. Es bedarf in einem derartigen Fall vielmehr regelmäßig über die eigene Unfalldarstellung des Geschädigten hinausgehender objektiver Anhaltspunkte, die auf die Beteiligung eines fremden Fahrzeugs schließen lassen (unter Hinweis auf OLG Stuttgart BeckRS 2012, 20797 zu § 12 PflVG).
Normenkette
AKB 2008 A. 2.3.2
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 15.07.2016; Aktenzeichen 10 O 2398/14) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers vom 05.09.2016 gegen das Endurteil des LG München II vom 15.07.2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das vorgenannte Urteil des LG München II sowie dieses Urteil sind jeweils vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger macht gegen die Beklagte im Hinblick auf einen von ihm behaupteten Verkehrsunfall einen Anspruch auf Zahlung von 35.000,00 EUR (nebst Zinsen und außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten) aus einer Vollkaskoversicherung geltend.
Der Kläger ist Eigentümer eines Pkws Ferrari 400 GT, Erstzulassung 23.05.1978, welcher bei der Beklagten haftpflicht- und vollkaskoversichert war.
Der Kläger trägt vor, er sei am 19.05.2010 abends mit dem o.g. Pkw auf der Verbindungsstraße zwischen R. und F. (im Landkreis Bad T.) wegen eines technischen Defekts liegengeblieben und sodann von seinem Sohn, dem Zeugen F. K., mit einem Pkw Audi S4 abgeschleppt worden. Dabei habe sein Sohn wegen eines entgegenkommenden Motorradfahrers den Pkw Audi stark abbremsen müssen, so dass es zu einem Auffahren des Pkws Ferrari auf den Pkw Audi gekommen sei. Kurz danach sei sein Sohn wieder angefahren und habe nochmals stark abgebremst, wodurch es zu einer weiteren Kollision gekommen sei. Aufgrund der beiden Kollisionen habe der Pkw Ferrari einen Totalschaden erlitten. Der Wiederbeschaffungswert betrage brutto 42.000,00 EUR, der Restwert brutto 7.000,00 EUR.
Mit der Klage macht der Kläger als Wiederbeschaffungsaufwand die Differenz zwischen den beiden o.g. Beträgen geltend.
Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang mit Nichtwissen. Zudem sei die klägerische Unfallschilderung nicht nachvollziehbar. Ebenso bestreitet sie die Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes, insbesondere die Höhe des Wiederbeschaffungswertes. Ferner habe sie auch deswegen nicht für den geltend gemachten Schaden aufzukommen, weil gem. A. 2.3.2 der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die::0::nur Unfallschäden versichert seien und es sich um solche nicht bei Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug handele. Darüber hinaus sei sie gem.E. 1.3 und E. 6.1 der o.g. Versicherungsbedingungen auch deswegen von einer etwaigen Leistungspflicht frei, weil der Kläger seine Pflicht, wahrheitsgemäße Angaben zur Klärung des Versicherungsfalles zu machen, vorsätzlich verletzt habe, indem er wider besseres Wissen im Rahmen seiner schriftlichen Unfallschilderung eine Laufleistung des Pkws Ferrari zum Unfallzeitpunkt von ca. 70.000 km angegeben habe, während diese tatsächlich bereits ca. 130.000 km betragen habe. Außerdem erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz sowie der Anträge der Parteien in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 15.07.2016 (Bl. 194/200 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen, und zwar mit der Begründung, dass die Beklagte gem.E. 1.3 und E. 6.1 der o.g. Versicherungsbedingungen von der Leistung frei sei. Denn der Kläger habe mit seinen Angaben gegenüber der Beklagten zur Laufleistung des o.g. Pkws Ferrari zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls vorsätzlich seine Aufklärungspflicht verletzt. Wie der Kläger gewusst habe, habe diese Laufleistung nämlich nicht, wie von ihm im Rahmen seiner schriftlichen Unfallschilderung behauptet, nur "ca. 7...