Entscheidungsstichwort (Thema)
Hoferbe
Leitsatz (amtlich)
Bei Vererbung bäuerlichen Grundbesitzes richtet sich, soweit eine rechtsgültige Anordnung des Erblassers fehlt und auch das Anerbenrecht nach den Bestimmungen des Braunschweigschen Gesetzes den bäuerlichen Grundbesitz betreffend nicht greift, die Vererbung nach den Bestimmung des gemeinen Rechts.
Normenkette
EGBGB Art. 25 Abs. 1, Art. 235 § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 17.09.1996; Aktenzeichen 3 T 96/96) |
AG Wernigerode (Aktenzeichen 2 VI 615/95) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 17. September 1996 wird zurückgewiesen.
Jedoch wird in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 300.000,00 DM festgesetzt.
Der Geschäftswert für das Vefahren der weiteren Beschwerde wird ebenfalls auf 300.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin war Eigentümerin eines in B. belegenen landwirtschaftlichen Betriebes gewesen, eingetragen im Grundbuch von B. Bd. 1 Bl. 4 und Bd. 20 Bl. 1412 sowie in der – ehemaligen – Erbhöferolle von B. Bl. 2 als Erbhof H. (im folgenden: der Erbhof). Sie war laut Sterbeurkunde geschieden und ist am 15.03.1965 kinderlos verstorben. Ihr Vater F. H. war im Jahre 1931 verstorben. Die Erblasserin hatte eine Schwester, A.-M.S., geb. H., die im Jahre 1966 gestorben ist. Aus deren Ehe mit dem im Jahre 1925 verstorbenen A. S. sind 4 Kinder hervorgegangen, At. S. (verstorben 1969), W. S. (verstorben 1945), J. S. (verstorben 1982) und R. P., geb. S.. Die Beteiligte ist die Witwe des At. S.. Sie hat diesen als befreite Vorerbin beerbt. Nacherbin ist die Tochter A. Pr., geb. S..
Die Beteiligte hat am 07.12.1992 zu notarieller Urkunde den Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses bezüglich des Erbhofes gestellt, wonach sie Hoferbin nach der Erblasserin geworden sei. Zu dessen Begründung hat sie sich auf das Braunschweigsche „Gesetz den bäuerlichen Grundbesitz betreffend” vom 28.03.1874 (Braunschweigsche Ges.- und Vrdg.-Sammlung S. 43; im folgenden G 1874) berufen. Dieser Antrag ist am 21.01.1993 beim Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Wernigerode eingereicht worden. Nach Hinweisen des Landwirtschaftsgerichts hat die Beteiligte am 19.04.1993 zu notarieller Urkunde die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses des Inhaltes beantragt, daß ihr Ehemann At. S. nach E. H. Hoferbe des Erbhofes geworden sei, und darum gebeten, ihren Antrag vom 07.12.1992 „in einen Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses von At. S.” an sie umzudeuten.
Mit Beschluß vom 27.12.1995 hat das Landwirtschaftsgericht die Sache an das Nachlaßgericht abgegeben. Dieses hat mit Beschluß vom selben Tag „die Anträge auf Erteilung von Hoffolgezeugnissen abgelehnt”. Es hat dies damit begründet, daß im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin das G 1874 auf dem Gebiet des ehemaligen Fürstentums B. nicht mehr gegolten habe, da es durch die Verfassung der DDR aus dem Jahre 1949 gegenstandslos geworden sei. Der hiergegen von der Beteiligten erhobene Beschwerde hat das Nachlaßgericht nicht abgeholfen und sie dem Landgericht zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt. Dieses hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig, denn sie ist gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 FGG statthaft und wurde in der in § 29 Abs. 1 S. 1 und 2 FGG vorgesehenen Form eingelegt. Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten (§§ 29 Abs. 4, 20 FGG), folgt aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde und ihrer Antragstellung in erster Instanz.
2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung im Sinne der §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO.
a) Das Landgericht hat ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob das G 1874 durch die Verfassung der DDR von 1949 (vgl. Art. 144) gegenstandslos geworden und damit außer Kraft getreten sei, ohne daß es einer ausdrücklichen Aufhebung bedurfte. Denn selbst wenn das G 1874 im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch gegolten habe sollte, sei jedenfalls der Ehemann der Beteiligten nicht Anerbe geworden. Gemäß § 7 G 1874 habe das Anerbenrecht nur für die Nachkommen des Erblassers bestanden. Der Ehemann der Beteilgten sei jedoch kein Nachkömmling der Erblasserin gewesen.
b) Dies hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
aa) Nicht zu beanstanden ist zunächst, daß das Landgericht die Frage ungeprüft gelassen hat, ob das Landwirtschaftsgericht das Verfahren zu Recht an das Nachlaßgericht abgegeben hat. Denn die Abgabe war für das Nachlaßgericht bindend (§ 12 Abs. 1 S. 3 LwVG), und stand damit auch in der Beschwerdeinstanz nicht mehr zur Überprüfung des Landgerichts (vgl. i. ü. BayObLGZ 1967, 137, 138; Winkler, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 72 Rdn. 4).
bb) Das Landgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Erbhof überhaupt in einem Gebiet liegt, in welchem bis zu...