Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsunfall durch entlaufenes Pferd
Verfahrensgang
LG Ansbach (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen 3 O 1188/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Ansbach vom 22.10.2003 (Az. 3 O 1188/03) abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.543,38 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab 15.1.2003 zu zahlen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.543,38 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt Schadensersatz aufgrund eines Unfalls, der sich am 31.12.2002 gegen 18.30 Uhr auf der Ortsverbindungsstraße D.-D. ereignet hat. Der von der Klägerin geleaste und vom Zeugen M.L. gesteuerte Pkw Ford, Galaxy 2000, amtliches Kennzeichen ..., stieß mit einem Pferd zusammen, das zusammen mit anderen Pferden vom Hof des Beklagten, der zu gewerblichen Zwecken Pferde hält, entlaufen war. Etwa zur selben Zeit ereignete sich ein weiterer Unfall auf einer anderen nach D. führenden Ortsverbindungsstraße mit Beteiligung eines der entlaufenen Pferde.
Die Klägerin beziffert ihren Gesamtschaden auf netto 13.543,38 Euro, nämlich
Reparaturkosten gemäß Rechnung der Firma Gabler vom 22.1.2003 9.597,51 Euro
Mietwagenkosten gemäß Rechnung der Firma Gabler vom 22.1.2003 3.376,00 Euro
Gutachterkosten gemäß Rechnung vom 3.1.2003 549,87 Euro
Unkostenpauschale 20,00 Euro
Das LG hat die Klage nach durchgeführter Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Pferde seien beim Verlassen des Hofs durch den Beklagten und seine Ehefrau in der dafür vorgesehenen Halle so untergebracht gewesen, dass sie die Halle nicht hätten selbstständig verlassen können. Weitere Vorkehrungen gegen ein missbräuchliches Befreien der Pferde durch Dritte seien nicht geboten gewesen. Der Entlastungsbeweis gem. § 833 S. 2 BGB sei daher geführt.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG Ansbach vom 22.10.2003 Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren ursprünglichen Anspruch weiter. Sie trägt im Berufungsverfahren im Wesentlichen vor:
Das LG habe den Begriff der Verkehrssicherungspflicht und deren Anforderungen an den Tierhalter verkannt. Der Beklagte habe nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet. Er hätte die Stallung abschließen müssen, um ein Freilassen der Pferde durch unbefugte Dritte zu verhindern. Das Absperren wäre auch problemlos möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Ansbach vom 22.10.2003 den Beklagten zur Zahlung von 13.543,38 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 15.1.2003 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Ersturteil für zutreffend:
Die Anforderungen an den Entlastungsbeweis dürften nicht derart überspannt werden, dass eine Entlastung praktisch nicht mehr möglich sei. Von ihm, dem Beklagten, könnten nicht vorbeugende Maßnahmen gegen jede abstrakte Gefahr gefordert werden. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände, die die nahe liegende Gefahr des unbefugten Freilassens der Pferde begründen, seien Sicherungsmaßnahmen erforderlich. An diesen Umständen mangele es im konkreten Fall. Der Stall liege in ländlicher, nicht dicht besiedelter Umgebung in G., einem Ortsteil des ca. 2 Kilometer entfernten D., mit 90 Einwohnern. Bisher seien dort keine Fälle bekannt geworden, bei denen unbefugte Dritte Pferde freigelassen hätten. Für die Beurteilung, ob der Entlastungsbeweis erbracht werden kann, komme es nicht darauf an, wie schwer das Unfallgeschehen sei oder ob es - wie vorliegend - zu zwei Unfällen gekommen sei. Jedenfalls sei für die Beurteilung der Frage, ob die gewählte Art der Sicherung angemessen und ausreichend gewesen sei, ein Sachverständigengutachten zu erholen. Auch müsse die Rettung der Tiere im Brandfalle gewährleistet sein, so dass ein Abschließen des Stalles (Versperren) nicht verlangt werden könne.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich als begründet. Der Beklagte haftet für die Unfallfolgen als Tierhalter gemäß § 833 S. 1 BGB. Der dem Beklagten als gewerblicher Tierhalter grundsätzlich mögliche Entlastungsbeweis gem. § 833 S. 2 BGB wurde nicht geführt.
1. Der Beklagte haftet gem. § 833 S. 1 BGB für den geltend gemachten Schaden, denn der Unfall wurde durch eines seiner Pferde verursacht und beruht auf der spezifischen Tiergefahr. Hierzu gehören die Folgen des Entweichens von Pferden, auch wenn es erst durch Dritte ermöglicht wird (BGH VersR 1959, 759).
Der Entlastungsbeweis gem. § 833 S. 2 BGB, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet wurde, wurde vom Beklagten nicht geführt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz waren die Pferde so in der Halle untergebracht, dass sie daraus nicht von sich aus entweichen konnten. Es besteht daher nur die Möglichkeit, dass die Tiere durch einen unbekannten Dritten herausgelassen wurden, der das Sch...