Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 20 O 5482/22) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.07.2023, Az. 20 O 5482/22, geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.905,64 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.454,40 EUR seit dem 27.10.2018 sowie aus weiteren 2.451,24 EUR seit dem 09.03.2021 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.905,64 EUR festgesetzt.
Gründe
I. 1. Die Parteien streiten über vertragliche Ansprüche aus einem Teilungsabkommen. Zwischen den Parteien besteht ein Rahmen-Teilungsabkommen, wonach sich die Beklagte bei Verkehrsunfällen mit 55 % an Aufwendungen der Klägerin beteiligt.
§ 1a des Teilungsabkommens enthält folgende Regelungen:
§ 1a für Schadenfälle der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung
(1) Erhebt eine diesem Abkommen beigetretene Ortskrankenkasse ("Kasse") Schadenersatzansprüche nach § 116 SGB X gegen Kraftfahrzeughalter und -führer, die aus dem Schadenfall bei der "H" Versicherungsschutz genießen, so erstattet die "H" der "Kasse" ohne Prüfung der Haftungsfrage namens der haftpflichtversicherten Personen im Rahmen des bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages und nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen.
55 % ihrer anläßlich des Schadenfalles aufgrund Gesetzes erwachsenen Aufwendungen
(2) Eigenes Verschulden des Geschädigten oder das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses (§ 7 Abs. 2 StVG) schließt die Erstattungspflicht der "H" nicht aus.
(3) Voraussetzung für die abkommensgemäße Beteiligung ist jedoch das Bestehen eines adäquaten Kausalzusammenhanges zwischen dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs und dem Eintritt des Schadenfalles.
Am 28.08.2018 kam es zu einem Unfallereignis in K., bei dem der Versicherungsnehmer der Klägerin mit seinem Fahrrad fuhr, beim Schulterblick zu weit rechts geriet und mit dem am rechten Fahrbahnrand in einer Längsparkbucht geparkten Pkw Ford, amtliches Kennzeichen K., welches bei der Beklagten haftpflichtversichert war, kollidierte. Die Klägerin hatte Aufwendungen in Höhe von 14.373,90 EUR, wovon sie 55 % geltend macht. Mit Schreiben vom 12.09.2018 meldete die Klägerin die Forderung grundsätzlich bei der Beklagten an (Anlage K 1). Mit weiterem Schreiben vom 17.10.2018 machte die Klägerin zunächst einen Betrag in Höhe von 5.454,40 EUR geltend (Anlage K 2). Die Beklagte lehnte eine Beteiligung mit Schreiben vom 26.10.2018 ab (Anlage K 3). Mit Schreiben vom 01.03.2021 einen weiteren Betrag in Höhe von 2.451,24 EUR geltend (Anlage K 4). Die Beklagten lehnte die Zahlung mit weiterem Schreiben vom 08.03.2021 ab (Anlage K 5).
2. Durch Endurteil vom 18.07.2023 hat das Landgericht die Klage kostenpflichtig abgewiesen.
Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 1a des Teilungsabkommens nicht vorlägen. Der Begriff des Gebrauchs orientiere sich an § 10 AKB/ A.1.1.1 AKB 2008/2015. Ein Gebrauch liege auch bei Handlungen vor, die mit dem Kraftfahrzeug in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und bei denen sich eine kraftfahrzeugtypische Gefahr verwirklicht. Hier decke sich der Schadensfall jedoch nicht mit dem Gefahrenbereich, für den der Versicherer, die Beklagte, deckungspflichtig ist. Die Kollision stehe nicht in einem haftungsrechtlich relevanten Zusammenhang, da sich die von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr nicht auf den Schadensablauf ausgewirkt habe. Das Landgericht hat dargelegt, dass es nach den Lichtbildern in der polizeilichen Ermittlungsakte nach § 286 Abs. 1 ZPO davon überzeugt sei, dass das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug ordnungsgemäß geparkt war. Auf Bild 2 und 5 der Lichtbildmappe sei ersichtlich, dass der rechte Vorderreifen des Pkw wenige Zentimeter, aber bei weitem nicht hälftig, auf dem Markierungsstreifen der Längsparkbucht gestanden habe. Zudem ergebe sich aus Bild 2, dass das Fahrzeug in der Fahrtrichtung des Versicherungsnehmers der Klägerin das letzte in einer geparkten Reihe war, und daher kein Sichthindernis gewesen sei. Damit liege bereits kein Gebrauch des Beklagtenfahrzeugs vor, da sich keine kfz-typische Gefahr verwirklicht habe. Darüber hinaus sei ein adäquater Zusammenhang zwischen dem verkehrsgerecht geparkten Beklagtenfahrzeug auf der Längsparkbucht außerhalb der Fahrbahn und der Verletzung eines Fahrradfahrers, der beim Schulterblick nach rechts abkommt, zu verneinen. Damit sei vorliegend die Möglichkeit des Schadenseintritts so weit entfernt, dass sie der Lebenserfahrung nach vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden könne. Jedenfalls sei eine abkommensgemäße Beteiligung der Beklagten wegen § 242 BGB abzulehnen, da offensichtlich sei, dass eine Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherten gar nicht in Betracht komme. Es sei daher von einem Groteskfall ausz...