Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostentragungspflicht bei verspäteter Erledigungserklärung
Normenkette
ZPO § 91a
Verfahrensgang
LG Rostock (Beschluss vom 28.02.2006; Aktenzeichen 3 O 429/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Rostock vom 28.2.2006 - 3 O 429/05 - geändert:
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 16 % und die Beklagte 84 % zu tragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger nach einem Gegenstandswert von 224,50 EUR auferlegt.
Gründe
I. Der Kläger forderte von der Beklagten im Wege der insolvenzrechtlichen Anfechtung Rückgewähr eines Betrages von 8.981,78 EUR. Die Klage wurde der Beklagten am 7.11.2005 zugestellt. Am 9.11.2005 überwies sie die Klagesumme an den Kläger. Auf den bereits in der Klageschrift gestellten Antrag des Klägers erließ das LG am 30.11.2005 im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte. Hiergegen legte diese rechtzeitig Einspruch ein und trug vor, die Klagesumme sei bezahlt. Mit Schriftsatz vom 20.12.2005 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Am 9.1.2006 schloss die Beklagte sich der Erledigungserklärung an und stellte ihrerseits Kostenantrag mit der Begründung, der Kläger habe die zusätzlichen durch seine verspätete Erledigungserklärung entstandenen Kosten zu tragen.
Mit dem angefochtenen Beschluss erkannte das LG, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Als unterliegende Partei treffe sie die Kostentragungspflicht. Aus § 93 ZPO ergebe sich nichts anderes, da die Beklagte nicht vorgetragen habe, dass sie keine Veranlassung zur Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt habe. Auch die Kosten der Säumnis habe die Beklagte zu tragen, da es ihr oblegen hätte, nach Zustellung der Klage innerhalb der zweiwöchigen Frist zur Anzeige der Verteidigungsabsicht die Erfüllung anzuzeigen und so den Erlass eines Versäumnisurteils zu verhindern. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, der das LG nicht abhalf.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 91a Abs. 2, 567 ZPO zulässig, insb. übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR, denn die Beklagte wehrt sich gegen die Auferlegung der Kosten des Versäumnisurteils i.H.v. 224,50 EUR.
Das Rechtsmittel ist auch begründet, denn das LG hat der Beklagten zwar richtig überwiegend die Kosten auferlegt, zu Unrecht jedoch auch die Kosten des Versäumnisurteils. Die im Rahmen des § 91a ZPO gebotene analoge Anwendung des § 93 ZPO führt nicht dazu, die Kosten überwiegend dem Kläger aufzuerlegen, denn es liegt kein sofortiges Anerkenntnis der Beklagten vor. In der kommentarlosen Zahlung liegt weder eine Prozesshandlung noch ein Anerkenntnis. Außerdem hätte die Beklagte darlegen und beweisen müssen, dass sie keine Veranlassung zur Klage gegeben hatte, dazu fehlt entsprechender Vortrag (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 93 Rz. 4 - Beweislast). Da sich der Klageanspruch schlüssig aus dem Klagevortrag ergab und die Beklagte die Klageforderung ausglich, mussten ihr die Kosten zum überwiegenden Teil auferlegt werden.
Im Rahmen der gem. § 91a ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Erledigung verspätet erklärte. Bei der Billigkeitskorrektur zu beachten ist auch der frühestmögliche Zeitpunkt der Erledigungserklärung; so ist die Entstehung zusätzlicher Kosten bei verspäteter Abgabe der Erklärung zu berücksichtigen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rz. 25). Die Verzögerung der Erledigungserklärung durch den Kläger führt in Realisierung des Prinzips der Kostentragung nach Veranlassung dazu, dass der Kläger mit etwaigen hierdurch erwachsenen weiteren Kosten belastet wird (Lindacher in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 91a Rz. 60; OLG Köln MDR 1979, 407; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1567). Dem Kläger, der nach dem bisherigen Sach- und Streitstand obsiegt hätte, können nach billigem Ermessen die Kosten anteilig auferlegt werden, die dadurch angefallen sind, dass er die Erledigung verspätet abgegeben hat (OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.8.1997 - 5 W 21/97, OLGReport Frankfurt 1998, 71). Dies entspricht dem Grundsatz des § 91 Abs. 1 ZPO, dass dem Gegner nur die Kosten zu erstatten sind, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Mit Erlass des Versäumnisurteils entstanden nicht notwendige vermeidbare Kosten. Diese bestanden in der Terminsgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3104 Nr. 1 des RVG-VV i.H.v. 224,50 EUR. Diese wäre nicht angefallen, wenn der Kläger den Rechtsstreit unverzüglich nach Eingang der Zahlung vom 9.11.2005 für erledigt erklärt hätte, was ihm zuzumuten war. Diese Obliegenheitsverletzung fällt ihm kostenmäßig zur Last.
Die Gerichtskosten i.H.v. 543 EUR wären auch entstanden, wenn der Kläger die Erledigungserklärung sogleich nach der erfolgten Zahlung abgegeben hätte. Die Parteien stellten widerstreitende Kostenanträge. Daher hätte das LG gem. § 91a ZPO über die Kostentragungspflicht entscheiden müssen...