Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Ladung zur Vermögensauskunft trifft der Grichtsvollzieher nach pflichtgemäßem Ermessen die Wahl zwischen der persönlichen Zustellung (§§ 192, 193 ZPO) oder der Zustellung der Post (§§ 192, 194 ZPO). Dem Gerichtsvollzieher muss dabei ein weiter Ermessensspielraum zugestanden werden.
2. Der Gerichtsvollzieher ist bei der ihm obliegenden Ermessensausübung nicht auf die Umstände des konkreten Einzelfalls beschränkt, sondern darf auch auf allgemeine Erwägungen und generelle Erfahrungswerte zurückgreifen. Es muss aber tatsächlich eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Ermessensentscheidung getroffen werden.
3. Eine Anwseisung des Gläubigers an den Gerichtsvollzieher, alle erforderlichen Zustellungen durch die Post zu erledigen, ist bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, reduziert das Ermessen aber nicht ohne Weiteres "auf Nul".
Normenkette
ZPO §§ 802a, 802b, 802f, 192-194; GVGA § 15; KVGv Nr. 100; KVGv Nrn. 711, 716
Verfahrensgang
LG Ulm (Beschluss vom 04.04.2014; Aktenzeichen 2 T 10/14) |
AG Ehingen (Aktenzeichen BHG 79/13) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Ulm vom 04.04.2014, Az. 2 T 10/14, wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Am 27.03.2013 wurde der Beteiligten Ziff. 1 durch das AG Ehingen ein Berechtigungsschein für Beratungshilfe gemäß § 4 BerHG für die Angelegenheit "Abwehr der Abmahnung Fa ... GmbH & Co. KG vom ..." erteilt. Die Beteiligte Ziff. 1 war mit Anwaltsschreiben vom 18.03.2013 wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung eines pauschalen Schadensbetrages von EUR 750,00 aufgefordert worden. Die Beteiligte Ziff. 1 gab daraufhin, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, eine modifizierte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, lehnte eine Zahlung aber ab.
Die Beteiligten Ziff. 2 haben mit Schreiben vom 29.08.2013 die Festsetzung einer Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2503 VV RVG nebst einer Einigungsgebühr gemäß Nr 2508 VV RVG (alter Fassung) zuzüglich Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer, mithin insgesamt eines Betrages von EUR 255,85 beantragt. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf Grund der inhaltsveränderten, wesentlich modifizierten Unterlassungserklärung im Hinblick auf einen Anspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG, die die Beteiligte Ziff. 1 erheblich weniger binde als von der Gegenseite per vorformulierter Unterlassungserklärung gefordert war, sowie deren mündlicher Annahme durch den Gegner sei eine Teileinigung erzielt worden, welche eine Gebühr nach Nr. 2508 VV RVG auslöse.
Durch Beschluss vom 17.10.2013 hat das AG Ehingen den Antrag der Beteiligten Ziff. 2 auf Festsetzung und Auszahlung einer Gebühr gemäß Nr. 2508 VV RVG zurückgewiesen. Auf die hiergegen von den Beteiligten Ziff. 2 eingelegte Erinnerung hat das AG Ehingen durch Beschluss vom 08.02.2014 den Beschluss aufgehoben und die den Beteiligten Ziff. 2 aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung antragsgemäß auf EUR 255,85 festgesetzt, mithin die Einigungsgebühr in Höhe von EUR 125,00 mit festgesetzt. Das AG hat zugleich die Beschwerde zugelassen, die im Folgenden vom Beteiligten Ziff. 3 - dem Vertreter der Staatskasse - eingelegt wurde. Die 2. Zivilkammer des LG Ulm hat die Beschwerde durch Beschluss vom 04.04.2014 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Diese wurde daraufhin vom Vertreter der Staatskasse eingelegt. Das LG hat nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angegriffenen Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Ulm vom 04.04.2014 sowie die von den Beteiligten Ziff. 2 und vom Vertreter der Staatskasse eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 RVG nach Zulassung durch das LG statthafte weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse hat in der Sache keinen Erfolg. Die Zivilkammer des LG hat die Einigungs- und Erledigungsgebühr gemäß Nr. 2508 VV RVG im vorliegenden Fall zu Recht festgesetzt.
Die weitere Beschwerde kann gemäß § 33 Abs. 6 RVG nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Senat schließt sich vielmehr den zutreffenden Ausführungen des Beschwerdegerichts in der angefochtenen Entscheidung an.
1. Die für die Beratungshilfe anzuwendende Nr. 2508 VV RVG verweist hinsichtlich der Einigungsgebühr auf Nr. 1000 VV RVG. Eine Einigungsgebühr fällt danach für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags an, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Zwar ist nicht erforderlich, dass sich die Parteien über den gesamten Streitstoff einigen; allerdings muss durch die V...