Entscheidungsstichwort (Thema)

Einziehung eines Erbscheins zur Erbfolge nach der am … in … ihrem Letzten Wohnsitz, verstorbenen C. S. geb. L. geboren am …. Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Feststellungslast der jeweiligen Erben bezüglich der Errichtung, der Formgültigkeit und insbesondere der Fortgeltung der letztwilligen Verfügung bis zum Tode der Erblasserin.

 

Normenkette

BGB § 2258 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 14.01.1987; Aktenzeichen 4 T 14/87)

AG Koblenz (Aktenzeichen 4 VI 409/86)

 

Tatbestand

I.

Mit privatschriftlichem Testament vom 23. Juni 1982 hat die Erblasserin den Beteiligten zu 2) zum Alleinerben eingesetzt. Dem hierauf gestützten Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) sind die Beteiligte zu 1) sowie die gesetzlichen Erben der Erblasserin mit der Behauptung entgegengetreten, die Erblasserin habe im Oktober 1984 ein weiteres privatschriftliches Testament errichtet und darin die Beteiligte A zu 1 zu ihrer Alleinerbin eingesetzt. Hierzu hat der Nachlaßrichter den Beteiligten zu 2) gehört. Dieser hat erklärt und darüber hinaus in notarieller Urkunde eidesstattlich versichert, daß er ein weiteres Testament im Nachlaß nicht vorgefunden und von der Existenz eines solchen auch nichts gewußt habe. Den Beweisangeboten der Beteiligten zu 1) auf Vernehmung der Zeuginnen W. und D. zu Existenz, Form und Inhalt des angeblichen weiteren Testaments vom Oktober 1984 ist das Nachlaßgericht nicht nachgegangen. Es hat vielmehr dem Beteiligten zu 2) den beantragten Erbschein erteilt.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es könne unterstellt werden, daß die Erblasserin das von der Beteiligten zu 1) behauptete spätere Testament errichtet habe. Damit stehe jedoch noch nicht fest, daß die Erblasserin bis zu ihrem Tode am 16. April 1986 an der hierdurch bewirkten Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) festgehalten habe. Hierzu aber könne die Zeugin W. auch nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) keine Angaben machen.

Mit der hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde begehrt die Beteiligte zu 1) weiterhin die Einziehung des dem Beteiligten zu 2) erteilten Erbscheins.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 27, 29 Fuß zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Nachlaßgericht, denn die Entscheidungen beider Vorinstanzen beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Satz 1 FGG).

Der dem Beteiligten zu 2) erteilte Erbschein ist unrichtig und infolgedessen einzuziehen (§ 2361 Abs. 1 BGB), wenn die Erblasserin in einem später errichteten Testament die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin eingesetzt hat (§ 2258 Abs. 1 BGB). Ob das der Fall ist, läßt sich aufgrund der von den Vorinstanzen festgestellten Tatsachen nicht beurteilen.

Die … Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) scheitert – entgegen der Auffassung des Nachlaßrichters – nicht schon daran, daß die angeblich im Oktober 1984 errichtete Testamentsurkunde nicht vorgelegt werden kann. Errichtung, Form und Inhalt eines nicht mehr vorhandenen Testaments können vielmehr mit allen zulässigen Beweismitteln, also auch durch Zeugenaussagen, bewiesen werden Callgem. Ansicht; (vgl. BayObLG Rpfleger 1980, 60 und FamRZ 1986, 1043, 1044; Palandt/Edenhofer, BGB, 46. Aufl., § 2255 Anm. 4 c, je mit weit. Nachw.).

Die angefochtene Beschwerdeentscheidung geht zwar zutreffend von diesem Ansatz aus, hält Feststellungen über Existenz, Form und Inhalt des angeblich im Oktober 1984 errichteten Testaments aber deswegen für entbehrlich, weil die Beteiligte zu 1) nicht nachweisen könne, daß die Erblasserin bis zu ihrem Tode an dem – unterstellten – weiteren Testament vom Oktober 1984 festgehalten habe. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Recht.

Hat die Erblasserin im Oktober 1984 ein formgültiges Testament des von der Beteiligten zu 1) behaupteten Inhalts errichtet, was das Landgericht offengelassen hat und was deshalb für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellen ist, so hat dieses Testament seine Wirksamkeit nicht dadurch verloren, daß die Testamentsurkunde unauffindbar ist. Insbesondere spricht bei Unauffindbarkeit der Testamentsurkunde keineswegs eine Vermutung dafür, daß der Erblasser sie in Widerrufsabsicht vernichtet hat Callgem. Ansicht; (vgl. BayObLG aaO; OLG Frankfurt a. Main, Rpfleger 1978, 310, 312; Palandt/Edenhofer, aaO, Anm. 4 a, je mit weit. Nachw.). Die Beteiligte zu 1) trägt daher zwar die Feststellungslast bezüglich der Errichtung der Formgültigkeit und des behaupteten Inhalts der ihr günstigen letztwilligen Verfügung vom Oktober 1984, nicht aber für deren Fortgeltung bis zum Tode der Erblasserin. Vielmehr trägt der Beteiligte zu 2) die Feststellungslast dafür, daß die Erblasserin vor ihrem Tode die das Erbrecht der Beteiligten zu 1) begründende Testamentsurkunde vernichtet hat (BayObLG Rpfleger 1980, 60; OLG Frankfurt a. Main, aaO, S. 312; Pala...

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