Gesetzestext
(1) 1Zur Annahme eines Kindes durch einen Ehegatten allein ist die Einwilligung des anderen Ehegatten erforderlich. 2Das Familiengericht kann auf Antrag des Annehmenden die Einwilligung ersetzen. 3Die Einwilligung darf nicht ersetzt werden, wenn berechtigte Interessen des anderen Ehegatten und der Familie der Annahme entgegenstehen.
(2) Die Einwilligung des Ehegatten ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe der Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
A. Grundlagen.
Rn 1
Grds ist für die Adoption auch die Einwilligung des Ehegatten des Annehmenden erforderlich, denn beim Annehmenden entstehen neue rechtliche Beziehungen, die in ihren Auswirkungen auch die Interessen des Ehepartners betreffen können. Zu denken ist besonders an Unterhaltspflichten und die Erbrechtsfolge. Der frühere II, der die Einwilligung des Ehegatten eines minderjährigen Verheirateten forderte, ist durch das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 (BGBl I 2017, 2429) entfallen.
B. Regelungsumfang.
I. Einwilligung bei alleiniger Annahme (Abs 1 S 1).
Rn 2
Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Ehepaar nur gemeinsam ein Kind annehmen kann (§ 1741 II 1), bestimmt I, dass bei Annahme nur durch einen Ehegatten die Zustimmung des anderen erforderlich ist. Betroffen ist von dieser Regelung nur die Stiefkindadoption, die nach § 1741 II 3 erlaubt ist.
Rn 3
Auch eine Annahme eines fremden Kindes ist zulässig, setzt aber voraus, dass der Ehegatte das Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig ist oder das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 1741 II 3).
II. Ersetzung der Einwilligung (Abs 1 S 2, 3).
Rn 4
Nach I 2 und 3 kann durch das FamG die Einwilligung des anderen Ehegatten ersetzt werden. Erforderlich ist ein Antrag. Fehlt dieser, scheitert die Adoption wegen der fehlenden Einwilligung, die dann auch nicht etwa vAw ersetzt werden darf.
Rn 5
Eine Ersetzung kann nur erfolgen, wenn berechtigte Interessen des anderen Ehegatten und der Familie der Annahme nicht entgegenstehen. Im Gegensatz zur Ersetzung anderer Einwilligungen stellt das Gesetz an die Interessen des anderen Ehegatten und der Familie keine besonders hohen Anforderungen. So können persönliche oder wirtschaftliche Probleme in der Ehe Anlass geben, nicht in die Annahme einzuwilligen.
Rn 5a
Soweit die Einwilligung durch den Ehegatten verweigert wird, dürfte allerdings kaum von einer positiven Kindeswohlprognose iSv § 1741 I auszugehen sein. Der schon erfolgte Wechsel des Kindes in eine Pflegefamilie, die das Kind mit dem Ziel der Adoption aufgenommen hat, wird zu berücksichtigen sein. Da die Einwilligung nicht am Beginn des Adoptionsverfahrens stehen muss, sollte zunächst die Eingliederung in die Pflegefamilie erfolgen, um nach einer gewissen Dauer auch die gewachsenen Bindungen des Kindes berücksichtigen zu können, die dann gegen die berechtigten Interessen des anderen Ehegatten abzuwägen sind.
Rn 5b
Die Ersetzungsmöglichkeit findet über den Verweis des § 1767 II auch Anwendung bei der Volljährigenadoption. Hierbei sind neben unterhalts- und erbrechtlichen auch güterrechtliche und weitere vermögensrechtliche Ansprüche des Ehegatten und vermögensrechtliche Interessen der Kinder des Ehegatten zu berücksichtigen (Karlsr NJW-RR 23, 917 [BGH 15.02.2023 - XII ZB 341/22]).
III. Entbehrlichkeit der Einwilligung (Abs 2).
Rn 5c
Es bedarf jedoch nach II keiner Einwilligung, wenn der andere Ehegatte zur Abgabe der Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
C. Verfahrensrechtliche Hinweise.
Rn 6
Nach dem Gesetzeswortlaut ist alleine der Annehmende zur Stellung des Ersetzungsantrages berechtigt. Dem Kind oder anderen Ehegatten steht deshalb weder ein Antrags- noch ein Beschwerderecht zu. Das Verfahren der Ersetzung ist ebenso wie das nach § 1748 ein besonderes Verfahren und darf nicht mit dem Adoptionsverfahren verbunden werden (§§ 196, 198 I FamFG).