Leitsatz (amtlich)
Eine Eigentümerin, die ihre Fahrzeuge dem erheblich vorbestraften Ehemann zur Mitbenutzung überlässt, erleidet kein unzumutbares, nach den Grundsätzen des enteignenden Eingriffes entschädigungspflichtiges Sonderopfer, wenn die Fahrzeuge nach einer weiteren Straftat des Ehemannes rechtmäßig als Beweismittel beschlagnahmt werden und wenn es trotz ordnungsgemäß durchgeführter kriminaltechnischer Untersuchung zu geringen Schäden an den Fahrzeugen kommt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 08.06.2010; Aktenzeichen 4 O 299/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 8.6.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - Az. 4 O 299/09 - dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 384,43 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land Ersatz von Schäden, die ihr durch die Beschlagnahme und kriminaltechnische Untersuchung zweier Fahrzeuge entstanden sein sollen.
Die Klägerin ist die (mittlerweile geschiedene) Ehefrau des im Verfahren 2 Js 105/06 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wegen Mordes und Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtskräftig zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten M. O..
In dem gegen den geschiedenen Ehemann der Klägerin und Herrn R. R. geführten Ermittlungsverfahren hat das AG Saarbrücken durch Beschluss vom 30.1.2006 die Beschlagnahme zweier auf die Klägerin zugelassener Fahrzeuge angeordnet, die von deren damaligem Ehemann zumindest mitbenutzt wurden, und zwar eines Mazda 3 mit dem amtlichen Kennzeichen XXX-XX XX und eines VW Golf III Joker mit dem amtlichen Kennzeichen xxx-xx xx (Bl. D 10, 11 des beigezogenen Bandes I der Akte 2 Js 105/06).
Der frühere Ehemann der Klägerin hatte mit dem Mazda den Tatort angefahren und er hat den Pkw nach der Tat als Fluchtfahrzeug benutzt. Beide Fahrzeuge wurden von Beamten des saarländischen Landeskriminalamtes sichergestellt und anschließend kriminaltechnisch untersucht.
Die Eigentumsverhältnisse an den Fahrzeugen sind streitig.
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beschlagnahme der Fahrzeuge als Beweismittel und die durchgeführte Spurensuche als solche rechtmäßig waren.
Im Zuge der kriminaltechnischen Untersuchung wurden Teile der linken Fahrertür des Mazda ausgebaut. Auch wurde im Innenraum beider Fahrzeuge das rotbraune Adhäsionsmittel "Manifer" ausgebracht, um Spuren sichtbar zu machen.
Die Klägerin erhielt die Fahrzeuge im Februar 2006 zurück.
Nachdem die Klägerin beide Fahrzeuge im Mai 2006 von dem Privatgutachter und Zeugen H. zwecks Schadensfeststellung hat begutachten lassen, forderte sie die Landespolizeidirektion S. mit Anwaltsschreiben vom 8.6.2006 unter Fristsetzung zum 30.6.2006 vergeblich zur Schadensersatzleistung i.H.v. insgesamt 1.427,88 EUR auf (Bl. 33, 34 d.A.).
Zur Rechtfertigung der sodann erhobenen Klage hat die Klägerin Folgendes vorgetragen:
Die Klägerin sei Eigentümerin beider Fahrzeuge. Die Fahrzeuge seien vor der Beschlagnahme und kriminaltechnischen Untersuchung unbeschädigt gewesen. Bei Rückgabe an die Klägerin hätten sich die Fahrzeuge in einem desolaten Zustand befunden. Sie seien stark mit roten Farbanhaftungen, die von der Spurensuche stammten, verschmutzt gewesen. Die Rückstände des aufgebrachten Pulvers hätten sich nicht entfernen lassen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein derart stark anhaftendes und dauerhaft Spuren hinterlassendes Material bei der Spurensuche verwendet worden sei. Die Klägerin ist der Ansicht, der Einsatz anderer Mittel sei möglich gewesen. An dem Mazda hätten an der Fahrertür der innere Türgriff, die Griffschale, das Formteil, der Verbandskasten und das Warndreieck gefehlt. Die fehlenden Teile habe die Klägerin neu beschaffen müssen, um mit dem Fahrzeug den Zulassungsvorschriften entsprechend weiter am Straßenverkehr teilnehmen zu können. Die Abdeckung der Abschleppöse sei vor der Beschlagnahme vorhanden gewesen, bei der Rückgabe habe sie gefehlt. Außerdem hätten sich Kleberrückstände an der vorderen Stoßstange befunden. Auch hier sei der Einsatz anderen Klebematerials, das keine Rückstände verursacht, möglich gewesen.
An dem VW Golf hätten ebenfalls der Verbandskasten und das Warndreieck gefehlt, weshalb die Klägerin auch hier Ersatzbeschaffungen habe vornehmen müssen.
Selbst wenn es zu den zur Spurensuche und -sicherung verwendeten Materialien auf dem Markt keine schonenderen Alternativen geben sollte, so die Hilfsargumentation der Klägerin, sei davon auszugehen, dass die Materialien nicht richtig angewendet wurden. Sowohl das Spurenmittel Manifer als auch die Klebestreifen hätten unverzüglich nach Auftragung, spätestens aber nach wenigen Stunden entfernt werden müssen. In diesem Fall wären die Schäden nicht entstanden.
Die Klägerin hat bezugnehmend auf das Privatgutachten des Sachverständigen H. vom 11.5.2006 ...