Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrigierende Rückgruppierung. Verwirkung

 

Leitsatz (redaktionell)

Beruft sich der Arbeitnehmer auf die Richtigkeit der ihm bisher mitgeteilten Eingruppierung, so muss der Arbeitgeber für die Zulässigkeit einer sog. korrigierenden Rückgruppierung darlegen, inwieweit und weshalb die von ihm ursprünglich mitgeteilte Eingruppierung unrichtig ist, wenn er sich an dieser Mitteilung nicht festhalten lassen will. Hat der Arbeitgeber die Voraussetzungen für die so genannte korrigierende Rückgruppierung dargelegt und gegebenenfalls bewiesen, so ist es Sache des Angestellten, die Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen folgt, dass ihm die begehrte höhere Vergütung zusteht.

 

Normenkette

BAT-O § 22; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 19.03.2004; Aktenzeichen 16 Ca 5743/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.08.2006; Aktenzeichen 4 AZR 417/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 19.03.2004 – 16 Ca 5743/03 – wird auf Kosten der Beklagten

zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten sich nach einer korrigierenden Rückgruppierung über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist seit 1975 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt seit 01.07.1991 als Bezügerechnerin. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund Vereinbarung vom 29.12.1993 der BAT-O Anwendung. Die Klägerin erhielt als Bezügerechnerin eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT-O. Ab 01.01.1993 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe V c BAT-O rückgruppiert. Nach Bewährungsaufstieg unterzeichneten die Parteien den Änderungsvertrag vom 14. Januar 1997 (Bl. 20 d. A.), wonach die Klägerin ab 01. Januar 1997 als Bezügerechnerin in die Vergütungsgruppe V b BAT-O eingruppiert wurde. Mit Schreiben vom 18.02.2003 (Bl. 29 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre Stelle nach einer Überprüfung nur noch mit der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 4/V c Fallgruppen 4 und nicht mehr nach der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1/Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 3 bewertet werde. Gleichzeitig wurde die Klägerin im Wege der korrigierenden Rückgruppierung ab 01.01.2003 in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 4 BAT-O (Bezügerechner) eingruppiert. Dagegen hat sich die Klägerin mit Schreiben vom 09.04.2003 (Bl. 43 d. A.) gewandt und weiterhin Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b verlangt.

Die Klägerin übt im Wesentlichen folgende Tätigkeiten (Arbeitsvorgänge mit dem jeweiligen Anteil an der gesamten Arbeitszeit in %) aus:

  • Bearbeitung von Neueinstellungen von Angestellten, Arbeitern, Saisonkräften, ABM-Kräften, unständig Beschäftigten
  • Bearbeitung von Abgängen, insbesondere Abfindung, Übergangsgeld und Überzahlungen
  • Änderungsdienst, insbesondere Sozialversicherung- und steuerrechtliche Änderungen, LG-Änderungen, Zulagen, Zuschläge, Kindergeld, Entschädigung, variable Zahlungen usw.
  • Überwachung und Besprechung von Krankenbezügen, Mutterschaftsgeld, Sterbegeld, Einbehaltung nichtgesetzlicher Abzüge
  • manuelle Bezügeberechnung, insbesondere bei Rückrechnung außerhalb der Historik, Vorabberechnung von AZT-Bezügen, Ermittlung von Personalkosten bei Forderungen gegenüber Dritten, Urlaubsrückstellungen, Gleitzeitguthaben
  • Abschläge
  • Manuelle Meldungen zur SV/ZV
  • Prüfung der monatlichen Gehaltsabrechnungen einschließlich der Hinweis- und Fehlerprotokolle
  • Schriftverkehr
  • Bescheinigung für Krankenkasse, Arbeitsamt, ZVK etc.

Die ausgeübte Tätigkeit lässt im Einzelnen sich wie folgt zusammenfassen: Bei Neueinstellungen erhält die Klägerin vom Personalsachbearbeiter eine Einstellungsanzeige, aus der u. a. der Tag der Einstellung, die Vergütungsgruppe nebst Altersstufe, Tätigkeitsschlüssel, Voll- oder Teilzeitbeschäftigung, Zahlung von Zulagen, Krankenkasse sowie Bankverbindung und Anschrift des Arbeitnehmers hervorgehen. Die Klägerin überprüft bei Neueinstellungen eigenständig, ob der Arbeitnehmer bereits im öffentlichen Dienst bei der Beklagten beschäftigt war. Sollte dies der Fall sein, muss die Klägerin überprüfen, ob noch offene Überzahlungen vorliegen, ob ein Vertrag über vermögenswirksame Leistungen besteht, ob Pfändungen bestehen und ob eine Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse oder Nebenbeschäftigungen vorliegen. War der Arbeitnehmer im laufenden Jahr bei einem anderen Arbeitgeber im Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt, erfolgt seitens der Klägerin die Anfrage, ob und in welcher Höhe Zuwendungen gezahlt wurden.

Außer der Einstellungsanzeige erhält die Klägerin weitere von dem Sachbearbeiter der Abteilung Personalwirtschaft ausgefüllte Formularblätter mit Daten, die von der Klägerin in das Datenverarbeitungssystem eingegeben werden. Darüber hinaus überprüft die Klägerin, die für etwa 400 bis 500 Arbeitnehmer zuständig ist, jeden Monat, ob sich die Vergütung der Arbeitnehmer verändert hat, z. B. durch Veränderungen des Lebensalters, der Kinderzahl, tarifliche Änderungen, Gesetzesänderungen, Höher- und Rückgruppier...

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