Rz. 27
Da zwischen dem Auftraggeber und dem Stellvertreter keine vertraglichen Beziehungen bestehen (vgl. Rdn 20 f.), haftet der Auftraggeber dem Stellvertreter niemals für dessen Vergütung. Insoweit muss sich der Stellvertreter an den Anwalt halten, der ihn beauftragt hat.
Rz. 28
Der Anwalt, der sich vertreten lässt, muss die Kosten der Stellvertretung grundsätzlich aus seiner Vergütung bestreiten. Ggf. kann er diese Kosten als Auslagen an seinen Mandanten weitergeben.
Rz. 29
Das gilt insbesondere dann, wenn der Auftraggeber durch die Einschaltung eines Stellvertreters anderweitige Kosten erspart. Dieser Fall wird bei auswärtigen Terminen häufig auftreten. Der Anwalt kann dann die Mehrkosten der Stellvertretung dem Auftraggeber bis zur Höhe der anderweitig ersparten Kosten in Rechnung stellen.
Beispiel 1: Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG München I. Der Streitwert beträgt 50.000 EUR. Der Kölner Rechtsanwalt beauftragt in München in eigenem Namen einen Terminsvertreter und handelt mit ihm ein Honorar für die Terminsvertretung in Höhe von 500 EUR (netto) aus. Nach Abschluss des Termins rechnet der Terminsvertreter mit dem Hauptbevollmächtigten diese 500 EUR ab, die der Hauptbevollmächtigte dann auch bezahlt.
Der Hauptbevollmächtigte zahlt also aus der eigenen Tasche an den Terminsvertreter:
1. |
Pauschalhonorar |
500,00 EUR |
2. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
95,00 EUR |
Gesamt |
595,00 EUR |
Nunmehr rechnet der Hauptbevollmächtigte mit seiner Partei ab. Die Verfahrensgebühr kann er seinem Mandanten ohne weiteres in Rechnung stellen, da er ja Prozessbevollmächtigter war. Auch die Terminsgebühr kann er verlangen, der er diese über § 5 selbst verdient hat. Die weiteren Kosten in Höhe von 500 EUR sind Mehrkosten, die nicht in den Anwendungsbereich des § 5 fallen. Diese Kosten kann der mandatierte Anwalt seinem Auftraggeber aber als Auslagen nach VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 670, 674 BGB in Rechnung stellen. Diese Auslagen waren auch erforderlich, da dadurch eigene Reisekosten erspart worden sind bzw. höhere Kosten eines Unterbevollmächtigten.
Er kann also abrechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 50.000 EUR) |
|
1.662,70 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 50.000 EUR) |
|
1.534,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
4. |
Auslagen Terminsvertreter, VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 1, §§ 670, 675 BGB |
|
500,00 EUR |
|
Zwischensumme |
3.717,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
706,33 EUR |
Gesamt |
|
4.423,83 EUR |
Die Auslagen sind vom Mandanten auch zu übernehmen. Wäre der mandatierte Anwalt nämlich selbst nach München gereist, wären anstelle der 500 EUR Auslagen für den Terminsvertreter folgende Kosten entstanden:
1. |
Reisekosten Pkw, VV 7003 (Köln–München und zurück; 2 x 624 km x 0,30 EUR/km) |
|
524,16 EUR |
2. |
Abwesenheitspauschale, VV 7005 Nr. 3 |
|
80,00 EUR |
Gesamt |
|
604,16 EUR |
Hätte er im Namen des Mandanten einen Unterbevollmächtigten bestellt, wären für diesen anstelle der 500 EUR zusätzlich zu zahlen gewesen:
1. |
0,65-Verfahrensgebühr, VV 3401, 3100 (Wert: 50.000 EUR) |
|
831,35 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
Gesamt |
|
851,35 EUR |
Hieraus folgt, dass die Beauftragung des Terminsvertreters im eigenen Namen geringere Kosten ausgelöst hat als eine Reise des Hauptbevollmächtigten oder die Beauftragung eines Terminsvertreters und letztlich im Interesse des Mandanten lag.
Rz. 30
Erforderlich für eine solche Abrechnung ist, dass durch die Stellvertretung tatsächlich auch Kosten angefallen sind. Der Stellvertreter muss also für seine Tätigkeit eine Vergütung erhalten. Ist das nicht der Fall, kann der Anwalt die ersparten Kosten nicht fiktiv in Ansatz bringen. Fiktive Kosten können niemals berechnet werden. Es können stets nur tatsächliche Kosten in Ansatz gebracht werden, deren Höhe dann auf die fiktiven geringeren Kosten der persönlichen Ausführung zu begrenzen ist.
Beispiel 2: Wie voriges Beispiel (siehe Rdn 29), jedoch tritt der Münchener Anwalt kollegialiter unentgeltlich für den Kölner Anwalt auf auf.
Die Terminsgebühr in Höhe von 1.534,80 EUR kann der mandatierte Anwalt seinem Auftraggeber wiederum in Rechnung stellen. Dass der Stellvertreter hierfür nichts berechnet, ist nach § 5 unerheblich. Die ersparten Reisekosten oder ersparten Kosten eines Unterbevollmächtigten können dagegen nicht berechnet werden, weil keine Mehrkosten beim Stellvertreter angefallen sind. Der Anwalt kann gegenüber seinem Auftraggeber daher nur berechnen:
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
1.662,70 EUR |
1,2-Terminsgebühr, § 5, VV 3104 |
|
1.534,80 EUR |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
Zwischensumme |
3.217,50 EUR |
|
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
611,33 EUR |
Gesamt |
|
3.828,83 EUR |
Rz. 31
Unabhängig davon kann der Anwalt mit seinem Auftraggeber jederzeit auch vereinbaren, dass dieser die Mehrkosten der Stellvertretung übernehme, etwa zur Vermeidung höherer Kosten eines Terminsvertreters oder auch dann, wenn besondere Umstände dies erfordern.
Beispiel: In einem Termin über den Erlass einer ...