Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 18
Der BGH hat entschieden, dass im Falle des Abschlusses eines Vergleichs im Erörterungstermin gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO Prozesskostenhilfe nur für den Vergleich, nicht aber für das gesamte Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren bewilligt werden kann. Das BVerfG hat diese Auffassung verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Auf der Grundlage dieser Auffassung kommt eine Vergütung aus der Staatskasse nur hinsichtlich der Verfahrensgebühr VV 3335 und der Einigungsgebühr – nicht auch der Terminsgebühr – in Betracht. Teilweise wird neben der Einigungsgebühr im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Abschluss eines Vergleichs im Prozesskostenhilfeverfahren auch nur eine 0,5-Verfahrensgebühr VV 3337 aus der Staatskasse gewährt.
Diese Ansicht des BGH überzeugt nicht. Denn durch eine in dieser Weise eingeschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe würde der die Kosten mindernde Zweck des Einigungsverfahrens nach § 118 Abs. 1 ZPO verfehlt. Um von der ihrem Rechtsanwalt nach VV 3335 zustehenden Verfahrensgebühr freizukommen, müsste die finanziell schwache Partei einen Vergleich zunächst ablehnen, weiterhin Prozesskostenhilfe für die Hauptsache verlangen und nach deren Bewilligung den Vergleich zu erhöhten Kosten abschließen. Schließen die Parteien im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren einen Vergleich, so ist m.E. bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ausnahmsweise Prozesskostenhilfe für das gesamte Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zu bewilligen. Dann ist dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse eine 1,0-Verfahrensgebühr (VV 3335), bei Wahrnehmung eines Termins eine 1,2-Terminsgebühr (VV 3104) sowie eine 1,0-Einigungsgebühr (VV 1003) zuzüglich Auslagen zu vergüten. Welche Gebühren die Staatskasse erstatten muss, hängt davon ab, ob Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts für den Abschluss eines Vergleichs im Prozesskostenhilfeverfahren oder für das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren bewilligt worden ist (§ 48 Abs. 1 S. 1).
Rz. 19
Die Erstattungspflicht der Staatskasse für alle diese Gebühren und nicht nur die Einigungsgebühr gewährleistet nunmehr der durch das KostRÄG 2021 zum 1.1.2021 eingefügte und im Prozesskostenhilfeverfahren anwendbare § 48 Abs. 1 S. 2. Die Regelung soll erreichen, dass im Falle der Bewilligung oder Beiordnung für den Abschluss eines Vergleichs in einem PKH-Bewilligungsverfahren neben der Einigungsgebühr auch die 1,0-Verfahrensgebühr (VV 3335) und bei Wahrnehmung eines Termins eine 1,2-Terminsgebühr (VV 3104) aus der Staatskasse erstattet wird. Anlass für die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 48 Abs. 1 S. 2 gibt u.a. die Rspr. des BGH, nach der ein unbemittelter Verfahrensbeteiligter in einer selbstständigen Familiensache einen Anspruch auf Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten auf sämtliche im Zusammenhang mit einem Mehrvergleich ausgelöste Gebühren hat– sei es im Wege der Auslegung einer bereits erfolgten Bewilligung, sei es im Wege einer ergänzenden Beschlussfassung. Deshalb muss die Staatskasse nach Auffassung des BGH sämtliche auf den Mehrvergleich entfallenden Gebühren, ggf. nach Erweiterung der VKH-Bewilligung, auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 (Ehesachen) vergüten. Da sich die gesetzliche Vergütung für die Mitwirkung an einem Vergleich nicht in der Einigungsgebühr t erschöpft, sondern sich auch auf die Verfahrens- und die Terminsgebühr erstreckt, widerspricht eine Beschränkung der Erstattungspflicht der Staatskasse auf die Einigungsgebühr nicht nur dem Grundsatz des § 45 Abs. 1, wonach beigeordnete Rechtsanwälte die gesetzliche Vergütung aus der Staatskasse erhalten. Es bleibt auch unberücksichtigt, dass die zuletzt genannten Gebühren in einem engen Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleichs stehen. Unbemittelte Verfahrensbeteiligte dürfen darauf vertrauen, aufgrund der für den Abschluss des Vergleichs bewilligten Prozesskostenhilfe von sämtlichen Gebührenansprüchen freigestellt zu werden, die ihren beigeordneten Rechtsanwälten zustehen.