a) Endgültige Beendigung
Rz. 73
Ist der Auftrag vor Einreichung eines verfahrenseinleitenden Antrags beendigt, erhält der Rechtsanwalt eine 0,5-Verfahrensgebühr gemäß VV 3306. Die praktischen Anwendungsfälle liegen zumeist darin, dass
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es nach Auftragserteilung wegen zwischenzeitlicher Zahlung nicht mehr zum Mahnantrag bei Gericht kommt; |
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es zwar zum Mahnverfahren kommt, der Anwalt dort aber weder einen verfahrenseinleitenden Antrag oder einen Schriftsatz einreicht, der Sachanträge, den Sachvortrag oder die Zurücknahme des Antrags enthält. Das sind die Fälle, in denen der Auftraggeber selbst oder ein anderer Anwalt den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids bereits gestellt hatte und der Anwalt erst später beauftragt wird, aber keinen Schriftsatz mit Sachanträgen, Sachvortrag oder die Antragsrücknahme mehr einreicht; |
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eine Einigung getroffen wird, in die auch nicht anhängige Gegenstände mit einbezogen werden. |
Beispiel: Der Anwalt ist beauftragt, einen Mahnbescheid über 4.000 EUR zu beantragen. Vor Antragstellung zahlt der Schuldner. Zur Einreichung des Mahnbescheidantrags kommt es nicht mehr.
Es entsteht nur die reduzierte 0,5-Gebühr nach VV 3306.
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3306 (Wert: 4.000,00 EUR) |
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139,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
159,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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30,21 EUR |
Gesamt |
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189,21 EUR |
Insoweit handelt es sich hierbei um eine Ausnahmevorschrift zu § 15 Abs. 4. Nach dieser Regelung soll es, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, grundsätzlich ohne Einfluss sein, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endet, bevor die Angelegenheit erledigt ist. Durch die Gesetzesformulierung wird von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht, die offenbar motiviert ist durch die Überlegung, dass das Nichterreichen eines bestimmten Tätigkeitsstadiums zum Zeitpunkt der Beendigung des Mandats Indiz für eine nur untergeordnete Tätigkeit des Bevollmächtigten ist.
Dem Wortlaut der Vorschrift nach, tritt die Reduzierung der Verfahrensgebühr auch dann ein, wenn sich der Auftrag zwischen Absendung des Mahnbescheidantrags und dem Eingang beim Mahngericht erledigt. Dies berücksichtigt allerdings nicht, dass der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt der Erledigung des Auftrags bereits alles zu seiner Erfüllung Erforderliche getan hat. Insbesondere bleibt unberücksichtigt, dass der Antrag den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts bereits verlassen hat. Daher ist das Entstehen der vollen 1,0-Verfahrensgebühr somit gewissen Zufälligkeiten überlassen, so z.B. dass sich der Eingang des Mahnantrags beim Gericht durch Versäumnisse der Post verzögert. Aus diesem Grund ist m.E. in den Fällen, in denen der Auftrag nach Absendung des Mahnbescheidantrags beendigt wird, keine Gebührenreduzierung vorzunehmen. Der Rechtsanwalt erhält daher eine 1,0-Verfahrensgebühr gemäß VV 3305.
Rz. 74
Eine Ermäßigung nach VV 3306 tritt nicht nur dann ein, wenn es nicht zur Einreichung des Antrags auf Erlass des Mahnbescheids kommt, sondern auch dann, wenn es zum Mahnverfahren kommt, der Anwalt dort aber weder einen verfahrenseinleitenden Antrag oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag oder die Zurücknahme des Antrags enthält, einreicht. Das sind die Fälle, in denen der Auftraggeber selbst oder ein anderer Anwalt den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids bereits gestellt hatte und der Anwalt erst später beauftragt wird, aber keinen Schriftsatz mit Sachanträgen, Sachvortrag oder die Antragsrücknahme mehr einreicht.
Beispiel: Abraten von weiterer Tätigkeit
Der Antragsteller hatte selbst einen Mahnbescheid in Höhe von 3.000 EUR erwirkt. Der Gegner schreibt zurück, ohne Widerspruch einzulegen, und weist darauf hin, dass die geltend gemachte Forderung noch gar nicht fällig sei. Der Antragsteller beauftragt nun einen Anwalt, der empfiehlt, zunächst nichts Weiteres zu veranlassen. Nach Eintritt der Fälligkeit bezahlt der Schuldner die Forderung, so dass sich die Sache damit erledigt.
Es ist nur die 0,5-Verfahrensgebühr nach VV 3305, 3306 angefallen.
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, VV 3305, 3306 (Wert: 3.000,00 EUR) |
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111,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
131,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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24,89 EUR |
Gesamt |
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155,89 EUR |
b) Teilweise Beendigung
Rz. 75
Bei einer teilweisen vorzeitigen Erledigung entstehen zwei Gebühren:
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eine 1,0-Verfahrensgebühr (VV 3305) aus dem Wert, nach dem der Mahnantrag oder ein Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag oder die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht worden ist, und |
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eine 0,5-Verfahrensgebühr aus dem Wert der vorzeitigen Erledigung (VV 3306). |
Zu beachten ist hierbei § 15 Abs. 3. Die Gesamtgebühr bestehend aus der 1,0-Gebühr nach VV 3305 und der 0,5-Gebühr aus VV 3306 darf eine 1,0-Gebühr aus dem Gesamtwert (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG, § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG) nicht übersteigen.
Beispiel: Der Anwalt ist beauftragt, einen Mahnbescheid über 10.000 EUR zu beantragen. Vor Antragstellung zahlt der Schuldner 4.000 EUR. Der Mahnbescheid wird nur wegen der...