Leitsatz

Wird ein Fenster durch eine Tür ersetzt und ergibt sich hieraus die erleichterte Möglichkeit, aus den Räumen einer krankengymnastischen Praxis in den Garten der Wohnanlage zu gelangen, so stellt dies eine bauliche Veränderung dar, die die übrigen Wohnungseigentümer nicht hinnehmen müssen.

 

Sachverhalt

Eine Wohnungseigentümerin betrieb in den Räumen ihres Sondereigentums eine krankengymnastische Praxis. Aus Gründen einer angenehmeren Arbeitsatmosphäre und zur intensiveren Gartennutzung tauschte sie eines der Fenster gegen eine Terrassentür aus und ließ die entsprechenden Umbauarbeiten vornehmen.

Andere Eigentümer der Wohneigentumsanlage waren hiermit jedoch nicht einverstanden und verlangen nun gerichtlich die Beseitigung der Terrassentür unter Wiedereinbau des Fensters.

 

Entscheidung

Die Eigentümerin war zu einer Beseitigung der Tür verpflichtet, die übrigen Wohnungseigentümer hatten einen dementsprechenden Beseitigungsanspruch.

Bei dem Einbau der Tür in die Außenwand der Wohnanlage handelte es sich um eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums. Hierfür wäre die Zustimmung aller Wohnungseigentümer vonnöten gewesen. Eine solche lag jedoch nicht vor und so erwies sich das Bauvorhaben als rechtswidrig.

Nach Ansicht der Richter wurde durch die Veränderung das Recht der anderen Wohnungseigentümer über das unvermeidliche Maß hinaus in nicht ganz unerheblicher Weise beeinträchtigt. Indiz hierfür war bereits der Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums. Entscheidend war aber darüber hinaus auch, daß durch die Tür eine intensivere Nutzung des Gartens auch durch die Angestellten sowie der Patienten der Krankengymnastin möglich wurde. Weiter war natürlich der Gartenbereich durch den Einbau der Glastür von der Praxis aus in erhöhtem Maße einsichtig.

Die Eigentümerin wandte schließlich ein, das Begehren der übrigen Wohnungseigentümer sei rechtsmißbräuchlich, im übrigen wäre mit dem Rückbaubegehren ein Eingriff in ihre Grundrechte verbunden. Beides konnte indes die Entscheidung des Gerichts nicht revidieren. Da das Teileigentum der Krankengymnastin im Grundbuch als "Laden" ausgewiesen war, besteht insoweit eine Zweckbindung mit Vereinbarungscharakter. Das Risiko, die für eine andere Nutzung erforderlichen baulichen Maßnahmen vornehmen zu dürfen, liegt nun aber allein bei den jeweiligen Teileigentümern. Ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Eigentumsgarantie ist damit aber zumindest nicht verbunden, da die baulichen Maßnahmen das Gemeinschaftseigentum betrafen und dessen Nutzung und Veränderung eben im Wohnungseigentumsgesetz in zulässiger Weise eingeschränkt ist.

Im Rahmen der geltend gemachten angeblichen Rechtsmißbräuchlichkeit des Begehrens der übrigen Eigentümer war zu berücksichtigen, daß die baulichen Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum eigenmächtig und dazu noch zu einem Zeitpunkt vorgenommen wurden, als die Eigentümer bereits das entsprechende gerichtliche Unterlassungsverfahren eingeleitet hatten.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 27.11.1997, 2Z BR 89/97

Fazit:

Bei Umbaumaßnahmen des einzelnen Wohnungseigentümers, die auch Teile des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen, ist stets zu bedenken, daß je nach Grad des Eingriffs in das gemeinschaftliche Eigentum die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer notwendig ist. Wird dieses Erfordernis ignoriert, so ist bei Widerspruch einzelner Wohnungseigentümer die Baumaßnahme wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Um diese unnötigen und stellenweise immensen Kosten zu vermeiden, sollte sich natürlich jeder Wohnungseigentümer vor Durchführung einer entsprechenden Baumaßnahme erkundigen, ob diese sich noch im unbedenklichen Maß hält oder die Zustimmung der übrigen Eigentümer einzuholen ist.

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