Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Urteil vom 28.09.1993; Aktenzeichen 6 Ca 188/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.07.1995; Aktenzeichen 3 AZR 371/95)

 

Tenor

Es ergeht folgendes

Urteil:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.09.1993 – Az.: 6 Ca 188/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtsfrage, ob die Klägerin gemäß Rationalisierungsschutzabkommen für das private Versicherungsgewerbe in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie Berlin-Ost vom 29.11.1990 (im folgenden: Ratioschutz-TV) eine über die ihr schon gewährte Sozialplanabfindung hinausgehende weitere – der Höhe nach unstreitige – Abfindung beanspruchen kann.

Die 1934 geborene Klägerin war vom 18.11.1969 bis 30.06.1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiterin zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 2.653,00 DM beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund betrieblich veranlaßtem Aufhebungsvertrag. Seit dem 01.07.1992 bezieht die Klägerin Altersübergangsgeld gem. § 249 e AFG.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand kraft beiderseitiger Tarifbindung der Ratioschutz-TV vom 29.11.1990 Anwendung, der, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Inhalt hat:

§ 12

Abfindung

1. Endet das Arbeitsverhältnis, hat der Arbeitnehmer, wenn er länger als 5 Jahre dem Unternehmen angehört, Anspruch auf eine Abfindung. Diese beträgt mindestens unbeschadet einer Regelung gem. §§ 111 ff BetrVG und der entsprechenden Vorschriften der Personalvertretungsgesetze – nach 5 Jahren Unternehmenszugehörigkeit 1 Monatsbezug, nach 10 Jahren Unternehmenszugehörigkeit 2 Monatsbezüge und nach 15 Jahren Unternehmenszugehörigkeit 3 Monatsbezüge. Im übrigen gilt nachstehende Tabelle:

Betriebszugehörigkeit

Lebensalter

40

43

46

49

52

55

58

Monatsbezüge

10 Jahre

4

5

6

7

8

9

10

13 Jahre

7

8

9

10

11

16 Jahre

10

11

12

§ 14

Persönliche Anspruchsvoraussetzungen

1. Ansprüche aus dieser Vereinbarung bestehen nicht, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

das 65. Lebensjahr vollendet hat oder

die Möglichkeit des Bezuges von vorgezogenem Altersruhegeld, Leistungen aus einer Befreiungsversicherung gemäß § 3 Ziff. 4 MTV oder entsprechender öffentlich-rechtlicher Versorgungsbezüge besteht.

Führt die vorstehende Regelung bei vorgezogenem Altersruhegeld zu einer wirtschaftlichen Härte, ist dafür ein angemessener Ausgleich anzustreben.

§ 15

Subsidiaritätsklausel

1. Ansprüche auf Leistungen gemäß §§ 6, 7 und 12 bestehen nur, soweit nicht auf anderer Rechtsgrundlage Leistungen zu den gleichen Zwecken gewährt werden. Dazu gehören auch gesetzliche oder durch Vergleich vereinbarte Abfindungsansprüche gegen den Arbeitgeber (z. B. §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz, § 12 BetrVG) sowie zusätzliche Leistungen bei freiwilliger vorzeitiger Pensionierung (§ 10), insbesondere auch in Verbindung mit einer betrieblichen Altersversorgung.

§ 16

Öffnungsklausel

Günstigere gesetzliche, tarifliche, betriebliche oder einzelvertragliche Bestimmungen bleiben von diesem Abkommen unberührt. Der Abschluß abweichender Betriebs- oder Dienstvereinbarungen ist zulässig. Satz 1 gilt nicht für Regelungen aus der Zeit vor dem 01.01.1991.

Am 13.05.1992 vereinbarten Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan, der unter B folgende Regelungen trifft:

VI. 1. Die seit dem 16.03.1992 betroffenen ausgeschiedenen AN, die infolge Kündigung oder Aufhebungsvertrag wegen der Betriebsänderung ausscheiden, erhalten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Abfindungen;

2. Nicht abfindungsberechtigt sind:

3. Die übrigen AN erhalten Abfindungen nach folgenden Regelungen:

Es gelten die Abfindungsregelungen aus dem Ratioschutzabkommen (vom 28.11.1990) mit folgenden Modifizierungen:

  • AN mit Betriebszugehörigkeit von 1/2 Jahr bis 5 Jahren erhalten 1 Monatsbezug
  • AN bis zum vollendeten 40. Lebensjahr erhalten einen Zuschlag

    von 0,5 eines Monatsbezuges, bis zum vollendeten 50. Lebensjahr von 1,0 eines Monatsbezuges und bis zum vollendeten 57. Lebensjahr von 1,5 eines Monatsbezuges.

  • Schwerbehinderte und Mütter/Väter mit unterhaltsberechtigten Kindern erhalten einen weiteren Zuschlag von 2.000,00 DM.
  • AN ab dem vollendeten 55. Lebensjahr, soweit sie Altersübergangsgeld erhalten, bekommen die Hälfte der Summe aus Abfindung und Alterszuschlag (1,5 Monatsbezüge).
  • AN ab dem vollendeten 58. Lebensjahr bis zum vollendeten 60. Lebensjahr erhalten anstelle einer Abfindung bis zum erstmals möglichen Bezug von gesetzlichem Altersruhegeld eine Zuzahlung zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit auf 80 % des letzten Bruttomonatsentgelts (dieses nimmt an den prozentualen Tariferhöhungen im Geltungsbereich der alten Bundesländer teil). Diese Möglichkeit besteht auch auf Verlangen durch den AN, es sei denn, dem stehen erhebliche betriebliche Belange entgegen, AN ab dem vollendeten 60. Lebensjahr erhalten diese Zuzahlung in Höhe auf 90 %.

Die Beklagte zahlte der Kläger bei Ausscheiden aus de...

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