Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs wegen ungerechtfertigter Ablehnung eines Bauantrags
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839; BauGB § 34
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 23.05.2002; Aktenzeichen 3 O 1598/01) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage - unter Abänderung des Urteils des LG Erfurt vom 23.5.2002 - abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten der Revision - fallen den Klägern zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die beklagte Stadt Erfurt lehnte durch Bescheid vom 7.5.1996 den Bauantrag der Kläger vom 16.11.1995 betreffend den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück J——-straße — in Erfurt ab. In dem hiergegen von den Klägern vor dem VG Weimar geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren (1 K 1854/96. We) schlossen die Parteien am 1.7.1998 einen Vergleich, durch den die Beklagte sich verpflichtete, die beantragte Baugenehmigung unter bestimmten Voraussetzungen (Baulast bzw. Zusammenlegungsbaulast mit der Nachbarparzelle 39 sowie Bautiefe bis zu derjenigen der Nachbarbebauung auf Parzelle 39) zu erteilen. Die Kläger erklärten, im Hinblick auf die vergleichsweise getroffene Regelung den anhängigen Verwaltungsrechtsstreit und das Widerspruchsverfahren nicht weiter zu verfolgen. Mit Beschluss vom 8.7.1998 legte das VG, in dessen Ermessen die Kostenentscheidung gestellt worden war, die Kosten den Klägern und der Beklagten - wegen offener Erfolgsaussichten - jeweils zur Hälfte auf. Die Parzelle der Kläger wurde in der Folgezeit allerdings nicht bebaut.
Die Klägerin halten die ursprüngliche Ablehnung ihres Bauantrages für rechtswidrig und machen gegen die Beklagte einen Amtshaftungsanspruch auf Ersatz des ihnen in Form entgangener steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten entstandenen Verzögerungsschadens geltend.
Die Kläger haben vorgetragen:
Die Versagung der Baugenehmigung sei wegen Begründungsmängeln rechtswidrig gewesen und die sanierungsrechtliche Genehmigung müsse - infolge Zeitablaufs - als erteilt gelten. Die geplante Bebauung mit einer Tiefe von 20,75 m sei zulässig gewesen und hätte sich auch in die vorhandene Bebauung eingefügt.
Der vor dem VG Weimar geschlossene Vergleich schließe Schadensersatzansprüche der Kläger aus Amtshaftung nicht aus, jedenfalls nicht für die Vergangenheit. Sie hätten den Vergleich vor dem VG aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zum Zwecke der Schadensminderung geschlossen, um mit dem Beginn der Bebauung nicht bis zur letztendlichen Entscheidung warten zu müssen. Insoweit dürfe ihnen der Vergleichsabschluss nicht zum Nachteil gereichen.
Bei positiver Bescheidung des Bauantrages hätten sie ihr Bauvorhaben 1996 realisiert und Abschreibungsmöglichkeiten i.H.v. 324.668 DM gehabt, was zu einer Steuerersparnis von 74.209,56 DM für die Klägerin zu 1) und von 68.934,01 DM für den Kläger zu 2) geführt hätte. Der Herstellungsaufwand sei nicht mindernd zu berücksichtigen, da diesem ein identischer Wert in Form der Immobilie gegenüber gestanden hätte. Es sei auch davon auszugehen, dass die Kläger, hätten sie das Objekt 1996 errichtet und hierfür zirka 540.000 DM aufgewendet, aus dem Objekt mindestens die Rendite erzielt hätten, die dem Zinsgewinn gleichzusetzen sei.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 37.924,75 EUR und an den Kläger zu 2) 35.245,40 EUR zu zahlen, jeweils nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 11.1.2000.
Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und geltend gemacht:
Die Voraussetzungen der Erteilung einer Baugenehmigung hätten mangels Einfügens des geplanten Vorhabens in die vorhandene Umgebung (i.S.d. § 34 BauGB) nicht vorgelegen, dies vor allem wegen zu großer Bebauungstiefe, fehlender Bildung eines Innenhofes (keine Bebauung mit der Ausbildung Haupthaus-Seitenhaus-Hinterhaus) sowie wegen einer zu modernen Fassadengestaltung. Selbst bei Genehmigungsfähigkeit treffe sie, die Beklagte, kein Verschulden, weil ihre Entscheidung zumindest vertretbar gewesen sei.
Die Beklagte hat ferner den Eintritt des Schadens wie auch die Schadenshöhe bestritten und die Auffassung vertreten, da das Vorhaben noch nicht begonnen worden sei, könne den Klägern kein Schaden infolge entgangener Abschreibungsmöglichkeiten entstanden sein. Auch müssten sie sich die Herstellungskosten einschließlich der Finanzierungskosten anrechnen lassen.
Darüber hinaus hat die Beklagte die Verjährung des Klageanspruchs eingewandt.
Die Beklagte hat schließlich auch die fehlende ordnungsgemäße Zustellung der Klage gerügt, da diese zwar an ihr Bauordnungsamt zugestellt wurde, in der Klageschrift allerdings der "Freistaat Thüringen, vertreten durch die Landeshauptstadt Erfurt, diese vert...