Demgegenüber wird trotz der eingetretenen Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses die Nachfestsetzung in folgenden Fallgestaltungen für zulässig erachtet:

  • Es wird die Nachfestsetzung einer Erörterungsgebühr nach antragsgemäßer Festsetzung der Prozess- und der Vergleichsgebühr beantragt (so KG Rpfleger 1976, 366). Dies gilt auch für andere „vergessene” Gebühren wie etwa die Einigungsgebühr.
  • Der Anwalt des Antragstellers hat in dem Kostenfestsetzungsantrag zunächst nur die 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG geltend gemacht und erst nach Rechtskraft des hieraufhin antragsgemäß ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses bemerkt, dass er in dem Verhandlungstermin die Sache einseitig mit dem Richter erörtert hatte. Der Erstattungsberechtigte kann in diesem Fall die Differenz zwischen der bereits festgesetzten 0,5 Terminsgebühr und der nach Nr. 3104 VV RVG tatsächlich angefallenen 1,2 Terminsgebühr im Wege der Nachfestsetzung geltend machen (s. OLG Frankfurt a.M. JurBüro 2017, 528 = AGS 2017, 452 = RVGreport 2017, 383 [Hansens]).
  • Der Erstattungsberechtigte macht für seinen Prozessbevollmächtigten und seinen Patentanwalt statt der tatsächlich angefallenen bzw. erstattungsfähigen 1,5 Terminsgebühr nach Nr. 3210 VV RVG nur eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3201 VV RVG geltend und beantragt nach Rechtskraft des antragsgemäß erlassenen Kostenfestsetzungsbeschlusses im Wege der Nachfestsetzung die Festsetzung des Differenzbetrags (BPatG AGS 2022, 521 [Hansens] = zfs 2023, 101 m. Anm. ders.).
  • Es wird die Nachfestsetzung des Anrechnungsbetrags der Geschäftsgebühr beantragt, sofern im Kostenfestsetzungsverfahren zunächst nur die um den Anrechnungsbetrag verminderte Verfahrensgebühr geltend gemacht wurde (so BGH JurBüro 2012,78 = zfs 2011, 101 m. Anm. Hansens = RVGreport 2011, 28 [ders.] unter Aufhebung von OLG Dresden AGS 2010, 307 = RVGreport 2010, 193 [ders.]; OLG Köln AGS 2009, 613 = RVGreport 2009, 354 [ders.]). Die Nachfestsetzung ist in einem solchen Fall jedoch dann nicht zulässig, wenn der Rechtspfleger vor Einführung des § 15a Abs. 2 RVG den Antrag auf Festsetzung der unverminderten Verfahrensgebühr teilweise zurückgewiesen und den Anrechnungsbetrag abgesetzt hat. In diesem Fall steht die Rechtskraft der Entscheidung der Nachfestsetzung des Anrechnungsbetrags entgegen. Die erstattungsberechtigte Partei hätte dann gegen die Absetzung des Anrechnungsbetrags rechtzeitig Erinnerung/sofortige Beschwerde einlegen müssen.
  • Es wird die Nachfestsetzung einer bisher nicht geltend gemachten Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO bzw. Nr. 1008 VV RVG beantragt (BVerfG JurBüro 1995, 583 = Rpfleger 1995, 476; SG Berlin RVGreport 2011, 102 [Hansens]).

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