II. Die nach §§ 58, 352 FamFG zulässigen Beschwerden haben in der Sache vorläufigen Erfolg. Sie führen zur Zurückverweisung an das Nachlassgericht, weil dessen Verfahren unter einem wesentlichen Mangel leidet, vor einer Sachentscheidung eine aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wäre, die Zurückverweisung von einem Beteiligten beantragt worden ist (§ 69 Absatz 1 Satz 3 FamFG) und der Senat sein Ermessen zugunsten einer Zurückverweisung ausgeübt hat.

A. Die für die minderjährigen Beteiligten zu 3 und 4 eingelegten Beschwerden sind statthaft.

a) Für die Beteiligte zu 3 konnte deren Mutter – die Beteiligte zu 2 – die Beschwerde allein einlegen, weil sie nach der Bescheinigung des Jugendamtes nach § 58 a SGB VIII allein sorgeberechtigt ist.

b) Die Beschwerdeeinlegung für den Beteiligten zu 4, die zunächst nur durch die Beteiligte zu 2 erfolgt ist, hat der mitsorgeberechtigte Vater durch das Schreiben vom 28.5.2015 genehmigt. Zwar sind Genehmigungen als einseitige Rechtsgeschäfte bedingungsfeindlich, sodass ihrer Wirksamkeit an sich die Erklärung des Vaters entgegenstünde, er billige die Beschwerdeeinlegung nur unter der Bedingung, dass er unterhaltsrechtlich von dem Verfahrenskostenrisiko freigestellt werde. Nachdem er indes gleichzeitig eine Freistellungserklärung der Mutter des Kindes eingereicht hat, die er selbst für ausreichend erachtet hat ("entsprechende Freistellungserklärung"), legt der Senat die Erklärung des Vaters dahin aus, dass dieser von einer Erfüllung der Bedingung ausgeht. Ob die Freistellungserklärung wirksam und inhaltlich ausreichend ist, hat der Senat vor diesem Hintergrund nicht zu prüfen.

Dass die Genehmigungserklärung erst nach Ablauf der Beschwerdefrist erklärt worden ist, steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen, da der Rückwirkungsgrundsatz des § 184 Absatz 1 BGB auch im Prozessrecht Anwendung findet (vgl. BGH NJW 1987, 130).

B. Das Verfahren des Nachlassgerichts ist mit einem wesentlichen Fehler behaftet, weil dieses die Pflicht zur Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen in schwerwiegender Weise verletzt hat (zum Vorliegen eines die Zurückverweisung rechtfertigenden Verfahrensfehlers in solchen Fällen MüKo/Fischer, FamFG, 2. Auflage, § 69 Rn 43; Keidel/Sternal, FamFG, 18. Auflage, § 69 Rn 15 b).

Nach § 2358 Absatz 1 BGB hat das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren unter Benutzung der vom Antragsteller angegebenen Beweismittel von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben. Dem entspricht verfahrensrechtlich § 26 FamFG, der verlangt, dass das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen hat. Welche Nachforschungen geboten sind, bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die von Amts wegen einzuleitenden und durchzuführenden Ermittlungen sind jedoch so weit auszudehnen, wie es die Sachlage erfordert; mit anderen Worten muss das Verfahren geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für die zu treffende Entscheidung zu erlangen.

Die richterliche Aufklärungspflicht ist verletzt, wenn Ermittlungen, zu denen nach dem Sachverhalt als solchem und dem Vorbringen der Beteiligten Anlass bestand, nicht durchgeführt worden sind; die Ermittlungen sind erst abzuschließen, wenn von weiteren Maßnahmen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist. Diese Grenzen reichen aus, um die Annahme einer Amtsermittlungspflicht in Fällen zu unterbinden, in denen die Ermittlung sozusagen "ins Blaue" hinein geschähe oder das Gericht einer lediglich denkbaren, rein theoretischen Möglichkeit nachginge. Auf der anderen Seite sind die Beteiligten, wie sich aus § 27 Absatz 1 und 2 ergibt, auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit von der Verpflichtung, durch eingehende Tatsachendarstellung an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, nicht befreit. Ihrer Mitwirkungs- und Verfahrensförderungslast genügen sie, indem ihr Vortrag und die Bezeichnung geeigneter Beweismittel dem Gericht Anhaltspunkte dafür geben, in welche Richtung es seine Ermittlungen durchführen soll. Insbesondere findet die Verpflichtung des Gerichts zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts dort ihre Grenze, wo es die Verfahrensbeteiligten allein oder hauptsächlich in der Hand haben, die notwendigen Erklärungen abzugeben und Beweismittel zu bezeichnen bzw. vorzulegen, um eine ihren Interessen entsprechende Entscheidung herbeizuführen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2013, 782, juris-Rn 14 f, mwN).

Nach diesem rechtlichen Maßstab hat das Nachlassgericht weder zur Frage der Testamentsechtheit noch zum Einwand der Testierunfähigkeit hinreichende Ermittlungen angestellt.

1. Die Entscheidung ist von der Echtheit der privatschriftlichen letztwilligen Verfügungen vom 22.12.2012 und von der Testierfähigkeit der Erblasserin abhängig; der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 ist nicht bereits deshalb zurückzuweisen, weil die...

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