I.

Unter Bezugnahme auf eine notarielle Urkunde des Notars J., St. Wendel (UR Nr. 1021/2020, Bl. 4 ff. d.A.) beantragten die Beteiligten zu 3) und zu 4) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins über die jeweils hälftige Beerbung der am xxx verstorbenen Erblasserin, wobei sie sich zur Begründung ihres Erbrechts auf ein – zunächst nur in Kopie vorgelegtes, später im Original zu den Akten gereichtes – Schreiben vom 27.12.2018 (Bl. 59 d.A.) berufen haben. Darin hatte die unverheiratete und kinderlose Erblasserin den Beteiligten zu 3) und zu 4) u.a. Folgendes mitgeteilt:

Zitat

Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken. (…)

Im neuen Jahr gehe ich mit T. zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein. Meine Patin kümmert sich überhaupt nicht um mich, da ist jede Verbindung abgebrochen. (…)

Ausweislich von den Beteiligten zu 3) und zu 4) vorgelegter Unterlagen (Schreiben des Notars M. vom 16.9.2019, Entwurf einer notariellen Urkunde, Bl. 62 ff. d.A.) war für die Erblasserin am 20.9.2019 ein Beurkundungstermin bei dem Notar vereinbart worden, bei dem u.a. das im Entwurf vorgelegte Testament beurkundet werden sollte, in dem die Beteiligten zu 3) und zu 4) – jeweils hälftig – zu Erben berufen werden sollten. Nach Darstellung der Beteiligten zu 3) und zu 4) konnte dieser Termin aufgrund einer sturzbedingten Krankenhauseinweisung der Erblasserin auch in der Folge nicht mehr stattfinden.

Die – im vorliegenden Verfahren durch ihre Verfahrensbevollmächtigte vertretenen – Beteiligten zu 1) und zu 2) haben der Erteilung des beantragten Erbscheins widersprochen, u.a. mit der Begründung, der Brief vom 27.12.2018 könne nicht als Testament angesehen werden, da es an der Ernsthaftigkeit der Erbeinsetzung fehle; auch formal bestünden Zweifel an der Gültigkeit des Schreibens als Testament. Da der Entwurf des notariellen Testaments nicht unterzeichnet worden sei, habe es bei der gesetzlichen Erbfolge zu verbleiben.

Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 73 ff. d.A.) hat das AG – Nachlassgericht – die Tatsachen, die zur Erteilung des von den Beteiligten zu 3) und zu 4) beantragten Erbscheins erforderlich sind, für festgestellt erachtet und die Erteilung eines entsprechenden Erbscheins bewilligt. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und zu 2) mit ihrer Beschwerde (Bl. 84 ff. d.A.), in der sie weiterhin u.a. die Ansicht vertreten, dass das Schreiben vom (richtig:) 27.12.2018 lediglich eine Grußkarte und kein Testament darstelle, und der das AG mit Beschl. v. 20.10.2021 (Bl. 91 f. d.A.) nicht abgeholfen hat.

II.

Die durch ihre Verfahrensbevollmächtigte eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) und zu 2) gegen den Beschl. des AG St. Wendel v. 3.9.2021, über die gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG das OLG zu entscheiden hat, ist nach den §§ 58 ff. FamFG zulässig; insbesondere erstrecken sich die vorgelegten Vollmachten (Bl. 60, 61 GA), die zulässigerweise (vgl. § 11 FamFG i.V.m § 83 Abs. 2 ZPO) jeweils ausdrücklich "zeitlich bis zum letztendlichen Abschluss der … Angelegenheit" erteilt wurden, bei sachgerechter Auslegung auch auf die Einlegung des vorliegenden Rechtsmittels. In der Sache ist die Beschwerde auch begründet. Der beantragte Erbschein ist nicht zu erteilen, weil die Beteiligten zu 3) und zu 4), die sich für ihr vermeintliches Erbrecht auf ein privatschriftliches "Testament" aus dem Schreiben der Erblasserin vom 27.12.2018 (Bl. 59 d.A.) stützen, dadurch nicht zu ihren Erben geworden sind. Das Schreiben kann bei der gebotenen – engen – Auslegung unter Berücksichtigung auch aller weiteren Umstände nicht als letztwillige Verfügung angesehen werden, sondern bestenfalls als Ankündigung, die Beteiligten zu 3) und zu 4) zu einem späteren Zeitpunkt mittels notarieller Verfügung zu Erben einsetzen zu wollen, was aber nicht geschehen ist.

1.

Freilich hat das Nachlassgericht im Ausgangspunkt völlig zutreffend angenommen, dass ein privatschriftliches Testament grundsätzlich auch in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief enthalten sein kann (BayObLG FamRZ 2001, 944; FamRZ 2003, 1786; Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl., § 2247 Rn 5). Eine solche schriftlich niedergelegte Erklärung des Erblassers kann allerdings, auch wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 2247 BGB genügt, d.h. insbesondere eigenhändig geschrieben und unterzeichnet ist, nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn sie auf einem ernstlichen Testierwillen des Erblassers beruht. Daher muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat oder zumindest das Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament angesehen werden (BayObLG FamRZ 2001, 944; OLG Schleswig FamRZ 2010, 65; OLG Zweibrücken OLGR 1997, 65; MüKo-BGB/Sticherling, 8. Aufl., § 2247 Rn 33). Ob ein solcher ernstlicher Testierwille vorgelegen hat, ist im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde li...

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